Predeler bieten mit vielen Gästen gut einstündigen Festumzug - Begeisterung bei Mitwirkenden wie Publikum
Von unserem Redakteur Torsten Gerbank
Predel/MZ
Um auszudrücken, wie sehr ihn der historische Festumzug zur 850-Jahr-Feier von
Predel beeindruckt hat, brauchte Lothar Stahl nur wenige Worte: "Es war
unglaublich", brachte es der Reudener Ortsbürgermeister auf den Punkt. Er
selbst war mittendrin im Zug, der Sonnabend Punkt 13 Uhr mit einem Donnerschlag
aus einer nachgebauten Kanone aus napoleonischer Zeit des Groitzscher
Schützenvereins begann. Stahl mimte den Dorfschulzen und war so einer von
mehreren hundert Mitwirkenden, die gut eine Stunde lang die Geschichte des
heute rund 400 Einwohner zählenden Dorfes in der neuen Gemeinde "Elsteraue"
Revue passieren ließen.
Wie viele Mitwirkende der bunte Tross hatte, das konnte nicht einmal Roswitha
Thuleweit beziffern. Doch die Zahl war nicht nur ihr, sondern auch den anderen
fleißigen Frauen und Männer, die Umzug und Fest vorbereitet hatten, eigentlich
schnuppe. Wichtiger war, dass es keinen Haushalt in Predel gab, der nicht auf
irgendeine Weise Anteil am Gelingen von Umzug und Fest hatte.
Diejenigen die sich in phantasievolle Kostüme hüllten, um die Historie des
Ortes von der slawischen Besiedlung, über erste urkundliche Erwähnung im Jahr
1154, Kriegswirren, DDR-Zeit bis zur Gegenwart darzustellen, kamen nicht nur
aus Predel, sondern aus der gesamten Region. Denn Freunde und
Familienangehörige von Predelern, die den Ort inzwischen verlassen haben, kamen
wegen den Feierlichkeiten ins Dorf.
Beim Umzug wurde Wert aufs Detail gelegt. Erika Karl musste eben eine echte
DDR-Polizeimütze auf dem Kopf tragen, um, im Polizei-Wartburg fahrend, daran zu
erinnern, dass 1977 auf dem Hof von Horst Scholle ein Film aus der Reihe
Polizeiruf 110 gedreht wurde. In einer russischen Offiziersuniform schritt
Jürgen Kämpfe durchs Dorf. Natürlich hatte er einen Benzinkanister dabei und
wies zurück auf die Zeit, in der die "Russen" 20 Liter Benzin für 10 Mark
verhökerten. Veronika Nowak gehörte zu denen, die das mittelalterliche
Dorfleben darstellten. Eigens für den Umzug hatte sie sich "Schnuckel"
angeschafft. "Schnuckel" ist ein etwa neun Monate altes Zicklein. "Ziegenhirten
gehörten einst zu den ärmsten auf dem Dorf", sagte Frau Nomak. Vom Trubel war
sie begeistert. "Es ist schon ein erhebendes Gefühl, wenn so viele mitmachen",
sagte sie und blickte schmunzelnd auf Michelle Röhr. Die neunjährige
Draschwitzerin, deren Großmutter in Predel wohnt, hatte sich in eine Bettlerin
verwandelt und einen Sammelhut dabei, in den so manche Münze wanderte.
Nicht nur die Predeler waren begeistert. Auch ihre Gäste, wie zum Beispiel
Margot und Arndt sowie Käte und Erich Fischer. Die Fischer-Herren zogen vor 40
beziehungsweise 54 Jahren aus dem Ort und besuchten mit ihren Frauen wegen des
Jubiläums das Heimatdorf. Das Quartett war begeistert. Sie seien überrascht,
was was das kleine Dorf auf die Beine gestellt hat, sagten die Fischers, die
aus Bad Düben und Bad Kösen anreisten.