850 Jahre
gelebte Geschichte
 von
 Predel
 


VORWORT
 

Heimatgeschichte - mit diesem Begriff verbinden sich für viele Menschen Erinnerungen an selbst erlebte Begebenheiten, an Geschichten und Erzählungen der eigenen Vorfahren oder auch bekannte und weniger bekannte Fakten aus weit zurück liegenden Zeiten.
Heimat bedeutet Emotionen - und Geschichte hält die Ereignisse der Vergangenheit fest. Beides zusammengefasst in dieser Broschüre, soll auf den nachfolgenden Seiten eine Wanderung durch die 850-jährige Geschichte des kleinen Dorfes Predel unternommen werden, um über historische Zusammenhänge zu berichten, aber vor allem über seine Menschen zu erzählen.
Das Büchlein erhebt weder den Anspruch einer wissenschaftlich untermauerten Zeittafel noch einer über alle Zweifel erhabenen, exakten Zusammenfassung aller geschichtlichen Ereignisse. Vielmehr wollen die Autoren Sie, liebe Leser, mit auf Spurensuche nehmen. Auf Spuren, die die Menschen hier in ihrem Dorf in den vergangenen Jahrhunderten hinterlassen haben und auf Spuren, die von Ereignissen zeugen, an die sich noch mancher mit Wehmut und Schmerz aber auch mit Freude und Stolz erinnern kann.
Ich danke den Frauen, die im Rahmen von AB-Maßnahmen in den vergangenen Jahren viele Daten, Fakten und Bilder zusammengetragen haben, die sich in Archiven durch unzählige Urkunden, Aufzeichnungen und Berichte zurückliegender Epochen gelesen haben. Ganz besonders danke ich jedoch Frau Heidrun Schumann, die auf der Grundlage vieler Gespräche mit Einwohnern aus Predel und seiner Umgebung, aus umfangreichen Recherchen und besonders mit dem Gespür für die menschlichen Beziehungen, die die wahre Geschichte eines Dorfes ausmachen, all die Überlieferungen aufgeschrieben und für uns festgehalten hat.
Die Geschichte des Dorfes Predel - eine Erzählung über die Menschen des Dorfes Predel, aufgeschrieben von Menschen aus dem Dorf, in deren Brust das Herz des Dorfes schlägt.
Ich lade Sie ein zu einer Wanderung durch die Zeiten und würde mich freuen, wenn Sie einige der Spuren bei einem Besuch in Predel selbst wieder entdecken würden.


Dr. Lothar Stahl
Ortschaftsbürgermeister


 

 

DIE GESCHICHTE DES
 850-JÄHRIGEN DORFES PREDEL

Die Besiedelungsgeschichte des Dorfes - Predele - nach slawischer
Ausdrucksweise - bis zur 1. urkundlichen Erwähnung im Jahre 1154

Die Ansiedlung von Menschen in unserer Heimatregion geht bis auf die Zeit vor 30.000 Jahren zurück. Durch verschiedene Ausgrabungen im mitteldeutschen Raum wurde bewiesen, dass die Elster-Saale-Region bereits die ältesten Bauernkulturen aus Süd-Ost-Europa anzog. Schon zu jener Zeit wurde mit Ackerbau und Haustierhaltung begonnen. Doch damals herrschende Klimaänderungen, wie starke Winter, sehr häufige Regenperioden und das Abwirtschaften der wenigen Nutzflächen, machten eine Sesshaftigkeit noch nicht möglich. Weitere Faktoren könnte der Wandertrieb der Jäger und Sammler gewesen sein, sowie die Überbevölkerung von Familienverbänden, wodurch die Ernährung aller nicht mehr gesichert war und eine Gruppe den Stammverband verlassen musste, um neue Gebiete zu erschließen. Auch die sehr häufigen kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Stämmen machten eine feste Ansiedlung zur damaligen Zeit unmöglich.
Mehrere Jahrhunderte wurde das Elstergebiet von verschiedenen germanischen Stämmen bevölkert, die aber durch die Wanderung und Reichsgründung der West- und Ostgoten gen Westen verdrängt wurden. Bis weit ins 3. Jahrhundert lebten die Goten auch auf unserem Gebiet. Doch im Jahre 375 traf dieses große Volk selbst ein vernichtender Schlag. Die schwarzen Hunnen aus Zentralasien machten sich auf den Weg nach Westen und fielen in das Reich der Ostgoten, welche aus vielen Volksgruppen bestanden, ein. Dieses große Kriegervolk, mit ausgefeilter Waffentechnik, wendigen Reitern und angewandter Kriegslist ausgestattet, war den hereinbrechenden Hunnen nicht gewachsen. Dir Völker der Goten zogen sich immer weiter in das Gebiet des Römischen Reiches südlich der Donau zurück. Fast 200 Jahre sollte von jetzt an die gesamte germanische Völkerwelt in Bewegung gehalten werden und eine völlige Neugestaltung des "Abendlandes" - etwa das Gebiet des heutigen Europas sich daraus ergeben, als große Völkerwanderung in die Geschichte eingehen. Hunnenkönig Attila zog mit seinem kriegerischen Heer gegen das Römische Reich nach Südeuropa und machte in unserem Gebiet Platz für die einwandernden Slawen. Doch nicht nur die territoriale Neuordnung und der Untergang des römischen Reiches haben uns die schwarzen Hunnen gebracht, sonder noch etwas viel schlimmeres wurde den Völkern Europas später des halben Erdreiches bis hin nach Amerika aufgebürdet, die Pocken. Schon im 6. Jahrhundert forderte diese Krankheit 4 Millionen Tode in Europa, und Epidemien bis in die Neuzeit, die Millionen Menschen dahinraffte und sich bildende Ansiedlungen wieder verschwinden ließ.
Eines ist aus alten Karten schon zu jener Zeit ersichtlich, es gab ein sehr starkes West-Ost-Gefälle. Wirtschaft, Kultur und Bildung, aber auch Kriegsgeschehen spielte sich im Westen und Süden des damaligen Europas ab. Unser Gebiet wurde nur unwesentlich am Rande davon betroffen.
Nach der Zerschlagung der Hunnen bildete sich bis zum Jahre 906 ein Großmährisches Reich, vom Gebiet der Saale und südlich der Elbe bis in weite Teile Böhmens hinein, heraus. Unser Gebiet wurde vom Stamm der Slawen, speziell der Sorben erschlossen. Schon zu jener Zeit gab es in den Ansiedelungen Zeitz, Naumburg und Merseburg slawische Bistümer. Die ersten Ansiedelungen waren eher Großfamilien, die sich gegenseitig einen gewissen Schutz vor fremden Eindringlingen bieten konnten.

Die kleine Besiedlung Predele war im Ursprung ein Runddorf um einen Teich, mit abzweigenden Sackgassen im heutigen Oberdorf. Es soll sich nach und nach zu der noch bestehenden Kreuzform entwickelt haben. So wurde über Jahrhunderte hinweg die Entwicklungsgeschichte des Ortes beschrieben. Doch damit tun wir dem Unterdorf Unrecht. Nach neuesten Erkenntnissen ist die Besiedelung um den unteren Dorfteich genau so alt, wie das Oberdorf, nur in etwas kleinerem Ausmaß. Das ähnliche Bild, ein Teich mit kleinen abzweigenden Gassen.
 

So ähnlich könnten die ersten Siedlungen der Slawen ausgesehen haben.

 

Die Hütten, mehr waren es um diese Zeit noch nicht, wurden aus dicken Bohlenbrettern und Baumstämmen zusammengefügt und waren bis zu einem Meter ins Erdreich gegraben. Der Fußboden bestand aus gestampften Lehm und das Dach aus dem vorhanden hohen Sumpfgras und später aus Stroh. Der einzige Wohnraum war ein fensterloser mit offener Feuerstelle bestückter Raum und Mensch und Tier lebten nicht selten unter einem Dach. Die Nahrung bestand aus dem, was die wenige Feldwirtschaft hergab und aus dem vorhandenen Vieh. Der einzige Rohstoff den unsere Urahnen zur Verfügung hatten, war Holz. Mit ihm wurde gebaut, gekocht, im Winter etwas gewärmt und alle Gebrauchsgegenstände daraus gefertigt. Angefangen vom Hausrat bis hin zu den Arbeitsgeräten, wie dem Pflug. Ein sehr arbeitsames und hartes Los war den Menschen damals beschieden. (Es kann erwähnt werden, dass es schon damals außerhalb der Wohnanlage Gruben als so genannte Abtritte gegeben hat.) Doch nach wie vor hat in den nächsten 3-4 Jahrhunderten die große Weltpolitik mit ihren Machtkämpfen auch Einfluss auf die Entwicklung in der Saale-Elster-Region.
Im Westen setzten sich die Franken gegen die Römer durch, bis hin zur Königs- und Kaiserkrönung. Hier hatte das Christentum schon Jahrhunderte eine Vormachtsstellung.
Im Osten jenseits der Oberelbe wurde das Großmährische Reich, auch unser Gebiet, durch die Magyaren (Ungarn) zerstört. Diese setzten ihre Raubzüge bis in das "Heilige Römische Reich" der Franken fort und wurden endgültig 955 vernichtend geschlagen. Der Rest zog sich auf das Gebiet des heutigen Ungarns zurück.

Nun endlich war der Weg frei, die Ostgebiete zu erobern und zu christianisieren.
Als erstes wurden die schon bestehenden Bistümer in Beschlag genommen. In den Orten Zeitz, Merseburg, Meißen (schon vor der Schlacht gegen die Ungarn ein christlicher Vorposten gen Osten) und vor allem Magdeburg wurden zu Bischofssitzen ausgebaut, um die Herrschaft über das neu eroberte Land zu behaupten. Ein wichtiger Punkt der Neubesiedelung unseres Landstriches war der schon seit über 100 Jahren bekannte Handelsweg in den Osten, bis nach Prag und weiter nach Kiew. Im Knotenpunkt Zeitz trafen sich seit Alters her Handelswege aus allen 4 Himmelsrichtungen. Schon vor 1200 Jahren gab es zu Friedenszeiten einen Ost-West-Warentausch; wobei Magdeburg im Jahre 805 vom damaligen Kaiser, Karl dem Großen, als Grenzpunkt für slawische Handelsreisende festgelegt war. Waffenhandel war strikt verboten.

In den folgenden 200 Jahren wurden viele Siedlungswillige mit dem Versprechen des Landbesitzes in die Ostgebiete geholt. Vor allem Franken, Flamen, Thüringer und Bauern vom Rhein veränderten das mitteldeutsche Landschaftsbild.
Im Zuge dieser Landvergabe und vor allem den Kenntnissen aus ihren Regionen veränderten die Neusiedler das Ortsbild unseres Dorfes entscheidend. Zählte Predel zu Beginn noch zu den Haufendörfern, was bedeutet, die Ansiedlung lagen sehr dicht beieinander, wuchsen die beiden Urbesiedlungen sehr schnell zusammen zu der heutigen Kreuzform. Einen nochmaligen Aufschwung erlebte das Dorf, als die erstarkten Kirchen und Klöster sich ihren Unterhalt auch in Predel sicherten.
Die erste Erwähnung im Jahre 1135 geht wahrscheinlich darauf zurück, dass sich die Bischöfe der Michaeliskirche zu Zeitz in Predel das größte Gehöft aneigneten und sich durch Landsicherungen ihren Besitz urkundlich festlegen konnten. Damit hatten sie den Grundstein zur Christianisierung des Ortes und ihr Überleben durch Abgaben an Nahrungsmitteln gesichert. Noch viele solcher urkundlichen Besitztümer im Gebiet um Zeitz sicherten ihnen ihre Existenz. Die verschiedenen Zugehörigkeiten mancher Höfe und Ländereien entstanden daraus, dass sich auch der Staat - damals Landesfürsten und Könige - Gebiete sicherten und diese mit Lehen belegten, z.B. die Rittergüter.

Der Ursprung des Namens Predel geht mit größter Wahrscheinlichkeit auf das niederwendische pre, pri, was vor oder an heißt, oder dol - soviel wie Tal, Niederung oder das altserbische del - wie Berg oder Hügel zurück. Diese Zusammensetzung der Silben bedeutet: die Siedlung vor dem Tal oder vor dem Berg, was dem Nord-Süd-Gefälle unseres Gebietes entspricht.

 

1154 - die erste urkundliche Erwähnung der Domonicale Predele


... dominicalia in predele e würchwitz ... ein Ausschnitt aus der
Urkunde von 1154, in der unser Jubiläumsort Predel erwähnt wurde.


Erzbischof Wichmann überträgt dem Nonnenkloster St. Stephan die Kirche St. Michael mit all ihren Besitztümern und Ländereien und lässt diese in einer Urkunde beglaubigen.
Mit der Tributpflicht dieser einzelnen Domänen sichert sich das Kloster sein Überleben.
 


Kurzbiographie des Erzbischofs Wichmann von Seeburg:

Geboren vor 1116. Ihm wurde durch Kaiser Friedrich I. Barbarossa
gegen den Willen des Papstes 1152 das Erzbistum Magdeburg
übertragen. In den folgenden Jahren stellte er eine vermittelnde
Rolle in den kirchenpolitischen Fragen dar, auch war er maßgeblicher
Förderer der Besiedelung und Entwicklung des Bauerntums
und des Handwerks in unserem gebiet, er ließ das älteste Magdeburger
Stadtrecht aufzeichnen.
 


1154 - Mit dieser Jahreszahl verbindet sich für unser Dorf ein deutlicher Aufschwung in seiner Entwicklung. Die Klöster und Kirchen waren nicht nur bestrebt, ihren Unterhalt durch Abgeben zu sichern, sondern sie hatten auch das Wissen und die nötigen Geldmittel, um Verbesserungen und Neuerungen zur lebenswichtigen Ernährung der anwachsenden Bevölkerung einzuführen.
(Schriftlich nachweisbar sind auf das Bestreben der Mönche des Klosters Bosau - heute Posa - die angelegten Mühlgräben von Göbitz nach Ostrau sowie von Profen über Pegau nach Großzschorer bei Leipzig).
Nach wie vor sind aber bis zum Beginn des Jahres 1500 keine oder nur sehr wenige schriftliche Aufzeichnungen vorhanden. Bis dahin können wir die Entwicklung des Dorfes nur aus der Zeitgeschichte heraus beschreiben.
Die vorhandenen Urkunden in lateinischer Schrift sind schon vor über 100 Jahren von Geschichts- und Heimatforscher in mühseliger Arbeit überstzt und veröffentlicht worden.
Jahreszahlen von 1159 bis 1367 ergeben folgende Möglichkeit:
Zum Kloster gehörte damals das so genannte Vorwerk (dominicale). Heute kennt man dieses Anwesen als "Wesser, Pauls Grundstück". Die Bewirtschafter waren um 1159 Martinus und Ludewicus de predele. Hartwicus 1166, Ludewicus 1168 und Henricus 1171, bis 1235 Hartwicus de predele, um 1350 Johannes de Predele und Theodericus de Predele, der als letzter dieses Namens erwähnt wurde. Es können aber auch die für die Christianisierung der neuen Gebiete abgesandten Mönche des Sankt Stephanklosters gewesen sein, die bis zur Reformation die kirchlichen Belange in Predel in den Händen hielten.
- de Predele bedeutet im Deutschen nichts anderes als: von Predel -
Um 1296 erwarb der Zeitzer Cappelan Nicolaus von Heubere eine Hufe Land in Predel, wofür die Pächter jährlich zehn Zeitzer Scheffel Getreide und zehn Schilling Zinsen zahlen mussten.
Die Geschichte sagt aus, dass zu jener Zeit die richtigen Nachnahmen aufgekommen sind.


Kurze Geschichte der Namensgebung

Rufnamen waren schon seit Menschengedenken, vor allem seit der sprachlichen Weiterentwicklung, in Gebrauch, um als Einzelwesen zu gelten. Lange Zeit war dies auch in den kleinen Sozialverbänden ausreichend.
Im germanischen Raum gab es um 1200 die zwangsweise Einführung des Eigennamens. Vorher gab es nur kennzeichnende Benennungen bei höheren Persönlichkeiten z.B. ... der Ältere, ... der Starke, ... der Große. Viele der großen Adelsnamen entstanden einfach aus dem Herkunftsort oder der Wohnburgen, von Seeburg - einer Burg am See, nach Bergen oder Tälern. Bis heute blieb das "von" nur beim Adel, der sozialen Oberschicht, erhalten.
In den kleinen Familienverbänden in den Dörfern war die Benennung noch Jahrhunderte hindurch sehr einfach, Heinrich, Sohn des Friedrich, oder Friedrich der Ältere oder Jüngerer. Durch die wirtschaftliche Erstarkung der Handwerker und das entstehende Verwaltungsgefüge in den aufblühenden Städten machte sich eine durchgreifende Vergabe von Familiennamen erforderlich. Mit der steigenden Zahl der Bevölkerung machte sich auch die Unterscheidung der Einwohner erforderlich. Die Schwierigkeiten einer schriftlichen Erfassung der Bewohner und ihrer Nachnamen gingen bis weit in das 14. und 15. Jahrhundert zurück. Bis dahin konnten die Namen immer wieder gewechselt werden, ob durch Heirat, Gütervergrößerung oder verbesserte Lebensumstände. Noch bis ins 17./18. Jahrhundert finden sich Aufzeichnungen, wo die Bürger nach den Anfangsbuchstaben ihres Rufnamens geordnet sind.
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurden die ersten gesetzlichen Maßnahmen in Sachsen eingeführt, um auch in den ländlichen gebieten die Führung eines Ruf- und Nachnamens zu fordern. Bis dahin hatten die abhängigen Schichten, wie Dienstboten, Knechte und Mägde selten einen vollen Namen. Den größten Teil bei der Findung eines passenden Nachnamens nahmen die Bezeichnungen für die Handwerksberufe und die der Tätigkeiten ein.
Einige Beispiele für Namen, die noch in Predel zu finden sind: Richter - ein Lenker, Oberherr oder Dorfschulze eines Ortes, Schuhmacher, Schumann, Schuster - ein Schuhanfertiger, Gottschling - ein Kirchendiener, Kirchenhelfer oder neben der Kirche wohnender, Taubert - ein kundiger über die Taubenzucht, Taubenhalter.
Aber auch die Ortsnamen Predel, Reuden und Ostrau sind heute noch als Familiennamen gebräuchlich, jedoch nicht mehr in der hiesigen Region.

Doch weiter zur Entwicklung unseres Dorfbildes.
 

So wie wir es heute sehen, zeigt es sich erst 250-300 Jahre. Bis 1650 waren die meisten Höfe noch als Haufenhöfe angelegt. Das bedeutet, jeder Bereich in einem bäuerlichen Anwesen hatte sein eigenes kleines Hüttchen, für die Tierhaltung, für die Futterspeicher, für die Nahrungsaufbewahrung, für die kleinen und größeren "Geschäfte" und natürlich der Wohnbereich als größtes Gebäude. Bei Ausgrabungen von verlassenen Ansiedlungen ist man auf 8-10 solcher kleinen Gebäude gestoßen. Trotzdem hatte schon damals jedes Gehöft eine Umzäunung aus Buschwerk oder Pfählen.


Haufenhof im Frühmittelalter (11. Jahrhundert)
 

Erst nach dem Dreißigjährigen Krieg, durch den zwar allerorts die kleinen Fortschritte, vor allem in der Landwirtschaft, zunichte gemacht wurden, kam auch mit dem raschen Anwachsen der Bevölkerung ein Aufschwung in die Dörfer. Der hohe Bedarf an Nahrungsgütern brachte auch für die Bauern neue Errungenschaften. Die Stallfütterung wurde eingeführt, es wurden größere und bessere Stallgebäude benötigt und vor allem die Unterbringung des Winterfutters brauchte mehr Raum. Der Dreiseitenhof bei den Großbauern und der Zweiseitenhof der Häusler, also der Handwerker mit bäuerlichem Nebenerwerb, kam auf. Das Wohnhaus wurde im Stil eines Wohnstallhauses gebaut mit einem Stockwerk, gegenüber das Stallgebäude und als Abschluss die Scheune. Geschützt wurde das gesamte Gehöft durch ein stabiles großes Tor, je nach Geldbeutel mit Torbogen oder massiven Holzüberbauten. Doch wie schon seit Jahrhunderten, blieb das Baumaterial Holz, Lehm und für das Dach Stroh, teilweise Holzschindeln. Die Bauweise der Fachwerkbauten brachten die Franken mit in unser Gebiet und dieser Baustil wurde noch bis in die Zeit um 1800 weitergeführt. Danach setzte man die ersten luftgetrockneten Handstrichziegel aus Lehm ein. Die meisten Gebäude, ob Wohnhaus oder Stall, die nach 1850 aus gebrannten Mauerziegeln erbaut wurden, sind Opfer von Bränden gewesen. Die erste Dorffeuerordnung um 1775 und verbessert 1781 forderte eine Übersichtlichkeit der Gebäude. Schon damals gab es die ersten Versuche mit feuerfesten Stroh-Lehmziegeln als Dacheindeckung, denn die oft verwendeten Holzschindeln brannten genauso schnell wie das Stroh. Erst gegen 1850 gab es Ziegeleindeckungen in gehörigem Umfang und Qualität. Noch bis in unsere Zeit mussten sichtbar an den Wohnhäusern kleine Emailleschilder angebracht werden, die aussagten, diese Gebäude sind feuerversichert. Die Innengestaltung der Bauernhöfe trug fast ein einheitliches Bild. Wichtige Anlagen waren der Brunnen und ein Taubenschlag, nach dem 19. Jahrhundert auch der Dunghaufen. Der Backofen war bis Ende 1890 in jedem Hof vorhanden. Vor jedem Grundstück ein Hofbaum zum Bild, bevorzugt Linde, Kastanie oder Wallnuss, jedenfalls ein Baum mit ausladender Krone und stattlicher Höhe. Diese erfüllten einen doppelten Zweck, einmal als Schutz vor Staub und als Schattenspender, zweitens der noch wichtigere Grund, als Blitz- und Wetterschutz und als Schutz gegen Funkenflug bei Bränden in der Nachbarschaft. Zu jedem Hof gehörte der Bauergarten mit Obstbäumen und Gemüseanbau.
Die Baugrundstücke wurden von den Herrschenden nicht einfach so vergeben, sondern man war bemüht, so wenig wie möglich freie Flächen zu vergeuden. Ein Zeugnis dafür ist die enge Bebauung der Reichegasse und der Kirchgasse. Da die zur Landstraße gelegenen Grundstücke eine Hinterausfahrt hatten, waren so Ausweichmöglichkeiten für die zur damaligen Zeit vorhandenen Ochsengespanne gegeben. Auch die beiden Zufahrten zur Reichegasse vom Dorf her zeugen von genauen Überlegungen. Die Schmiede stand hier wie auf einer kleinen Insel.
Ein ganz anders Bild zeigt die alte Dorfstraße, heute die Hauptstraße. Sieht man vom Denkmal aus in Richtung Tümpel fällt die Großräumigkeit dieser Straße ins Auge. Linker Hand hatte sich der Kaiser den Platz für sein abgabepflichtiges Lehngut gesichert und rechter Hand wurden den Neusiedlern, überwiegend Bauerstellen, Raum zugewiesen. In gebührendem Abstand von dem damals noch natürlichen Bachlauf, der Ober- und Unterteich speiste und bei starken Regenfällen auch die Straße mit überflutete, wurden die ersten Bauernhöfe errichtet. Schon zur damaligen zeit war man darauf bedacht, nur so viele Bauern aufzunehmen, wie vom Staat für ein Dorf Flächen zur Urbarmachung zugewiesen wurden. Die hohen Herren waren ja auch auf die Steuerzahlung in Naturalien zur Erhaltung ihres Standes und zur Versorgung der wachsenden Stadtbevölkerung angewiesen. Durch Überbevölkerung und Zerstückelung der vorhandenen Flächen waren nur geringe Erträge zu erwarten.
Die Lückenbebauung erfolgte durch die Zuweisung von Häuslerstellen, also kleinen Handwerksstätten mit Landwirtschaft. Als letztes wurde die "Fetzchengasse" bebaut. Dieser Name geht auf den lateinischen und altdeutschen Sprachgebrauch von Fetzen oder Zipfel zurück.
Hier bedeutet er, es war nur noch dieses Fetzchen oder Zipfelchen Land zur Bebauung übrig und reichte gerade für einige Handwerker. Mit zu den Erstbesiedlern gehörten einige Gehöfte an der Landstraße, teils Bauern, teils Handwerker.
Die Bebauung des Dorfes war gegen 1700 abgeschlossen und ist in den folgenden Jahrhunderten immer nur jeweils ersetzt wurden. Im alten Kirchenbuch sind die Eintragungen der einzelnen Gehöfte und deren Besitzer den Hausnummern nach fast identisch mit den Aufzeichnungen von Frau Stolze von 1953. Erst die Aufteilung in Haupt-, Dorf- und Leipziger Straße unterbrach die fortlaufende Nummerierung.
Die Neubauten an der Landstraße begannen erst nach 1930 bis 2003.

 

Die Schmiede

Eines der ältesten Gewerke ist das Handwerk des Schmiedes. Mit Beginn der vermehrten Eisengewinnung und deren Verwendung für landwirtschaftliche Geräte, machte sich auch eine solche in Predel notwendig. Die älteste Schmiede war die von Schmiedemeister Radefeld.

Der Standort des Schmiedegehöftes fällt etwas aus dem Rahmen, doch ist er nicht ohne Sinn und Zweck dorthin gewählt worden. Üblicherweise verbannte man den Schmied mit seinem offenen Feuer und den Funkenflug beim Bearbeiten des Metalls vielerorts an das äußerste Ende einer Ansiedlung; hatten doch die Bewohner schon so genug mit Brandausbrüchen zu tun. Doch in Predel war die unmittelbare Nähe des Dorfteiches und auch die Entfernung zu den umliegenden Gehöften geeignet für deren Standort. Auch gab es zu jener Zeit schon Vorschriften, welche Größe die Werkstatt des Schmiedemeisters einzunehmen hatte, mehr als 6 qm standen ihm nicht zu. Schon um 1693 wird ein Hufschmiedemeister Patzschke benannt. Um 1700 arbeitete ein Schmiedemeister Sünderhauf dort mit seiner Familie von 12 Kindern. Bis 1820 wird die Schmiede unter diesem Namen geführt. Danach geht sie in den Familienbesitz der Radefelds über. Schmiedemeister Arthur Radefeld arbeitete noch bis 1970 darin. Heute noch wird das Grundstück von einer Tochter der Radefelds mit Familie bewohnt.


Die alte Schmiede Radefeld um 1910


Es gab in Predel noch 3 weitere Schmieden, diese waren den drei Gasthöfen angegliedert und werden in den Geschichten zu den Gasthöfen erwähnt.

Ein Wahrzeichen unseres Ortes war über ein Jahrhundert lang:

Die Mühle

Im Jahre 1846 baute der Mühlenbaumeister Brümmer auf eine Anhöhe oberhalb des Dorfes eine Bockwindmühle. Der Besitzer hieß G.J.Schubarth. Die Daten sind noch in großen Stützbalken der Mühle zu lesen.

Für die Bauern des Ortes und seiner Umgebung wurde es leichter, ihr geerntetes Getreide zu Mehl und Schrot verarbeiten zu lassen.
Über diese Erleichterung konnte noch eine kleine handschriftliche Notiz in alten Akten von 1775 Auskunft geben: "Seit mehreren hundert Jahren hatten die Bauern von Predel ein Nutzungsrecht für die Mühle von Profen und wurden aber auch mit Pflichten belegt. So mussten sie mindestens zweimal im Jahr den Mühlgraben von Profen über Lützkewitz bis Beersdorf beräumen. Schwemmgut und alte Sträucher waren zu entfernen und selbst die Zufahrtswege zur Mühle mussten von den Bauern instand gehalten werden."



Die Mühle um 1935


Bis 1895 wird als Besitzer Müllermeister Gallasch angegeben, danach bis 1932 Müller Hermann Merseburger. Dieser hatte die Mühle zwischenzeitlich, 1930 - 1932 an den Müllermeister Picht verpachtet. Ab März 1932 übernahm Müllermeister Fritz Reichenbächer die Mühle, erst in Pacht, später ging sie in Besitz der Reichenbächers über. Vom Jahre 1967 bis 1995 betrieb der Sohn Friedrich (Frieder) Reichenbächer die Mühle.

Noch 1938 wurde die Mühle mit Windkraft angetrieben, obwohl schon 1930 ein Motor für Notfälle eingebaut worden war. Bei einem Gewitter 1938 wurde ein Flügel abgerissen, doch die Kosten zur Erneuerung waren so enorm, dass sich dieser Aufwand nicht lohnte und die Mühle nur noch mit Strom betrieben wurde.
Als nach dem Krieg zur Absicherung der Bevölkerung mehr Brotgetreide angebaut wurde, musste auch die Mühle erweitert werden. Im Jahre 1949 begann der Müller die Mühle mit Steinen zu unterfahren, um Lagerräume für Mehl zu schaffen. Von dieser Zeit an bis 1960 entstand in der Mühle in Mehlhandel für die umliegenden Bäckereien. Nach 1960 wurde in der Mühle nur noch Schrot für die neuen Genossenschaften und Kleintierhalter geschrotet. Bis 1997 war die Mühle in Betrieb und ist noch im Besitz der Familie Reichenbächer. Noch heute ist der Holzaufbau zu sehen und bewährt sich als Brutplatz und Unterschlupf für Eulen und andere Kleintiere. Schon 158 Jahre gehört sie zu unserem Dorfbild und der alte und neue Name Mühlenweg weist auch heute noch auf ihre Existenz hin.

Nachtrag: Dieser Bericht war schon fast druckreif, als eine für viele Predler völlig unerwartete Information durchsickerte. Der neue Tagebau fordert wieder große Flächen. Viele Höfe von Predel mussten schon in der Vergangenheit ihre letzten Felder verkaufen, aber dass das Kohleabbaugebiet so nahe an Predel herankommt, wollte keiner für möglich halten. Doch mit der Mitteilung, dass Mühlengelände mit all seinen Gebäuden und der Mühle liege im Einzugsbereich des Tagebaugeländes und muss geräumt werden, war die Überraschung groß. Sind doch die Bewohner des Mühlenterritoriums ein Leben lang mit diesem Fleckchen Erde verbunden.

Die mit viel Liebe, hoher Eigeninitiative und Geldmittel errichteten Wohnhäuser, sogar das alte Müllerhaus, welches vor gar nicht langer Zeit unter denkmalgeschützten Aspekten wieder aufgebaut wurde, sind verloren. Wünschen wir den Bewohnern, dass sie eine neue Heimat finden und Predel trotzdem verbunden bleiben.

In diesem Sinne mit dem alten Müllergruß "Glück zu".

Sorgen bereitet die alte Mühle. Nach neuesten Gesprächen mit der MIBRAG werden noch Jahre vergehen, ehe die Kohleförderung die unmittelbare Nähe des Mühlengeländes erreicht und es wird nach Möglichkeiten gesucht, die Mühle als Bauwerk zu erhalten.


Das Wappen der Müllerzunft

Spuk- und wahre Geschichten aus Predel

Aus dem Buch: Geschichten des Amtes Weißenfels und Orten der Zeitzer Heimat von 1796

Bei Predel soll an der so genannten Lücke ein Teich gewesen sein, darin habe ein Nix gewohnt. Dieser habe einstmals die Kinderfrau (Hebamme) aus Predel zu seiner kreisenden (in den Wehen liegend) Frau geholt. Er hätte aber auch noch 2 Töchter gehabt, die sonntags zum Tanzen ins Dorf gekommen wären. Einige alte Personen erzählen, dass sie mit ihren Großvätern getanzt hätten.

Geschichte um die Eisack-Wiesen, heute Heusackwiesen, Auszüge aus dem Bericht von Franz Lorenz, Halle, nach Aktenstücken des ehemaligen Amtes Zeitz-Haynsburg:
 

Schon seit dem 16. Oktober 1663 bis zum 1. Dezember 1802 gehen skurrile Geschichten, das "deutsche Beamtentum" betreffend, um den Besitz, die Verpachtung, Neuvermessung und den Frondienst der Untertanen aus unserem Dorf um die Heusackswiesen. Um 1800 wurde schriftlich von den Predlern beim Amtsgerichtsrat gebeten, den Namen Heusackwiese führen zu dürfen. Dabei wurden auch einige Vorgänge der Vergangenheit offenbar.
Nach jedem neuen Verkauf oder Verpachtung stellte man in den amtlichen Unterlagen fest, dass keine genauen Grenzen oder Grenzsteine zu finden waren.
Im Jahre 1663 verkauften die Herren von Könritz (Könderitz), welche auf Kloster Posa lebten, eine Wiese von 24 Acker, samt dazugehörigen Weiden und Büschen, der Eisack genannt, mit aller Gerechtigkeit, besonders mit Aushebung der Wasserablaufgräben. Was nichts anderes bedeutet: als Frondienst mussten die Predler Einwohner Gräben zur Entwässerung anlegen, gegen Empfang einer halben Tonne Bier. Auf diese Weise ist auch der Heusacksgraben vom Tümpel bis zur Elster entstanden.
Am 23. August 1799 ging es wieder um den Verkauf:

So fanden sich 135 Frondienstpflichtige Einwohner aus Predel und dem gesamten Profen auf der Eisackwiese ein, und es wurde kein Ergebnis erreicht.

 


Die letzten Sätze der Geschichte: Der Wunsch der Frondienstpflichtigen in den 4 Ortschaften wurde erfüllt, denn sie fuhren nach wie vor Heu und Grummet der Heusackwiesen, als Frondienste in die Propstei-Scheune, ohne durch Barablösung sich eine neue Abgabe aufzubürden.
Erst zwischen 1834 - 40 wurden die Heusackswiesen von Predler Bauern und einigen aus Profen und das Hin und Her hatte ein Ende.

Die wundersamen und plötzlichen Todesfälle in einer Familie im Oberdorf

Auf verschiedene Art und Weise wird diese Geschichte erzählt.
Früher waren Aberglaube und Wahrsagerei noch ein großer Bestandteil des dörflichen Lebens. Eine Zigeunerin soll der betreffenden Person ins Gesicht gesagt haben: Sie solle nicht schlecht zu anderen Menschen sein, denn wer 3 Angehörige auf dem Gewissen habe, soll mit sich zu Rate gehen. Durch die Nachbarn wurde es dem Dorfrichter zugetragen.
Die andere Geschichte: Ein Wirtschaftsgehilfe wollte auf dem Sterbebett sein gewissen erleichtern und gab zu, dass sein Brotherr nicht durch Selbstmord oder Unfall zu Tode gekommen sei, sondern das er vergiftet wurde. Die Bewohner des Ortes munkelten schon lange, dass da etwas nicht stimmen konnte, wenn innerhalb von 5 Jahren in einer Familie 3 Menschen einen qualvollen Tod sterben, und eine Liebelei mit einem Anderen noch dazu kam. Aber genaues wusste man nicht und einem Menschen etwas übles nachreden wollte man auch nicht. Doch die Angaben eines sterbenden riefen die Obrigkeiten auf den Plan und die Sache kam ins Rollen. Der Schwiegervater, der Mann und ein Kind wurden aus der Erde geholt und in der Schulscheune seziert. Das Ergebnis erbrachte einwandfrei, dass alle 3 Menschen mit Rattengift umgebracht wurden. Natürlich war die Neugier der Jugendlichen groß und sie guckten durch die Luken der Giebelseite den Sachverständigen zu. Sie werden alle noch wochenlang schlimme Träume gehabt haben.
Die Täterin war schnell gefunden und sie soll sich im Gefängnis erhängt haben.

Die Sage um das verschwundene Dorf Mertitz

Seit über 200 Jahren versuchen Chronisten und Heimatforscher das Schicksal des Ortes Mertitz zu ergründen. Das es diese kleine Siedlung gegeben hat, geht aus alten Urkunden des Hochstiftes Naumburg hervor.
Franz Lorenz schreibt in seinem kleinen Büchlein: Mertitz wird als Siedlung noch 1451 erwähnt bei Angaben der Gerichtsgrenzen. "Die Grenzen heben sich ahn zu Oderwitz und verfolgen sich den Weg herauf bis ahn die Landstraße auf hinter Profen, hart vor Mertitz fürder bis ahn die Flur zu Predel. (geschrieben in einem sehr alten Deutsch)
Noch 3 Namen gehen aus diesen Urkunden hervor: Anniversarium (kirchliches Gedenken) für Heinrich von Sleinitz, Ritter und Prokurator von Villa (Ort) Mertitz am 15. April. Anniversarium für den ehrenwerten Herren Burckhard, Vorsteher der Kapelle der heiligen Margarete, Prokurator von Villa Mertitz. Anniversarium für Herrn Nikolai, Prokurator von Villa Mertitz, 5. September"
Leider fehlen bei diesen Angaben die Jahreszahlen.
War Mertitz ein Dorf, war es eine burgähnliche Anlage oder war es eine Außenstelle eines Klosters, ähnlich wie die in Predel, oder war es eine Ausspannstation an dem alten Handelsweg von Köddischau über die Furt von Predel in Richtung Altenburger Land?
Eine andere Quelle spricht über die Möglichkeit der Wüstung. Dies bedeutet, dass einige Ansiedlungen, auch in unserem Gebiet, oberhalb der Wasserscheide durch Wassermangel nicht mehr bewirtschaftet werden konnten. Durch die Abholzung der Baumbestände zur Feldgewinnung sank der Grundwasserspiegel. Auch durch immer wieder auftretende Epidemien (Pest) waren einige kleine Orte zum sterben verurteilt. Hungersnöte durch starke Wetterschwankungen (Trockenheit oder zuviel Nässe), Ungezieferplagen, wie Heuschrecken oder Ratten taten das Übrige dazu.
Keine Nachricht verkündet, wann und weshalb Mertitz unterging. Nur die Gelände- und Wegbezeichnungen sind geblieben. Die älteren Einwohner kennen noch die dem Sprachgebrauch angepassten Namen, wie Märzer Höhe, Märzenbrücke, Märzen Weg, Märzer Hohle und Märzenfeld.
Das wie und wo von Mertitz erfahren wir nie, aber unerwähnt sollte es auch nicht bleiben, da es seit Jahrhunderten zum Predeler Wortschatz gehört.

Der vergrabene Schatz vom Rittergut

Es war zur Zeit der Schlacht bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806, als die preußische Armee gegen die Truppen des französischen Kaiserreiches kämpfte. Der Schlachtenlärm und vor allem die Kunde der Niederlage der Preußen drang auch bis nach Predel zu den Besitzern des Rittergutes, Kammerkommissionsrat Hebestreit und Familie. In panischer Angst vor kommenden Plünderungen wurde alles was von Wert war zusammengerafft und in einer großen Holztruhe im Rittergutsgarten vergraben. Der Volksmund sagt, der Schatz wäre nie wieder gefunden worden.
Nun gibt es verschiedene Möglichkeiten zum Verschwinden des Schatzes, die sich über fast 200 Jahre erzählt werden.
Entweder wurde er von den Besitzern doch wieder ausgegraben, als die Gefahr vorbei war, oder Beobachter und Mitwisser des Treibens haben sich den Schatz geholt. Es könnten aber auch Neider den Plünderern das Versteck verraten haben. Jedenfalls wurden im laufe der vielen Jahre immer mal wieder Grabungen nach dem Schatz gemacht. Einmal wurde sogar eine alte Kiste gefunden, die leider leer war.
Gab es nun einen vergrabenen Schatz oder gibt es ihn noch? Wir wissen es nicht. Vielleicht finden kommende Generationen durch Zufall mal etwas und können dann rätseln, warum - weshalb - wieso!


Bekannte und verdienstvolle Persönlichkeiten aus Predel

Johann Christian Gottfried Jörg

Geboren am 24. Dezember 1779 in Predel, als eines von 5 Kindern des Johann Andreas Jörg. Sein Elternhaus war das heute Werner Taubert gehörende Grundstück. Unter vielen Entbehrungen konnte er sich ein Studium der Medizin erkämpfen, er wurde Universitätsprofessor und erwarb sich große Verdienste um das Hebammenwesen des Landes Sachsen. Seine Bemühungen wurden mit dem Hofratstitel geehrt. Zu seinem 100. Geburtstag veranstaltete man in Leipzig ihm zu Ehren eine Gedenkfeier.
(Artikel aus DNW 1979 von Dr. Adolf Schmiedecke)

Geheimrat Dr. Petzold

Ernst Albert Petzold wurde am 6. Februar 1857 in Predel als Sohn des Gasthof- und Brauereibesitzers Ernst Petzold geboren. Sein Elternhaus war das Landmannsche Gut an der Leipziger Straße. Seine Kinderjahre verbrachte er in Predel und erst sein Studium der Rechtswissenschaft zog ihn in die weite Welt. Sein Werdegang brachte ihm bis zum Schluss den Titel des Geheimen Justizrates in Berlin ein. Neben seinem Beruf machte er sich um die Deutsche Sprachpflege verdient und als langjähriger Vorsitzender des Vereins der Zeitzer in Berlin brachte er in vielen Artikeln des "Zeitzer Landmann" seine Kindheitserinnerungen an Predel in seine Heimat zurück. Seine Geschichten "Aus dem Leben und Treiben eines Dorfjungen" sind vollständig erhalten.

"... An dem Dorfe vorbei, teilweise noch durch sein oberes Ende, führt die Straße, die mit Obst- hauptsächlich mit Kirschbäumen bepflanzt war, über Pegau nach Leipzig. Sie scheidet die Gemarkung in zwei verschiedene Teile. Auf ihrer linken Seite dehnen sich hinter wenigen Häusern fruchtbare Felder bis weit über den Floßgraben hinaus. Die einzelnen Teile der Feldmark tragen besondere Namen: Gebind, Oelberg, Querstück, Würste, Almse u.a. An dem auf der anderen Seite liegenden Hauptteil des Dorfes schließen sich, nur von wenigen Äckern unterbrochen, üppige Wiesen an, die hier und da namentlich an den Eigentumsgrenzen und Wasserläufen mit allerhand Laubholz bestanden sind, wie Eichen, Erlen, Eschen, Rüstern, Pappeln und Weiden.
... Der obere Teil des Dorfes an der Leipziger Straße, hieß Aeberenge - Oberende, der untere Teil Engerende - Unterende."

Aus einem Gedicht des Dr. Petzold geht hervor, das über eine Furt der Predeler Elster der Bau einer Brücke von der Provinzbehörde geplant war. Doch die streitbaren Predeler Bürger wehrten sich dagegen, da sie wieder zum größten Teil die Kosten hätten tragen müssen.

"... Kommune einst wurde gehalten zu Predel im Roten Löwen, hin pilgerte Alles, was Stimm hat.
Was mag es da wohl geben?
So fragten neugierig zwei Wanderer, sie kamen aus dem "Gefilde".
Ja, liebe Leute, bei uns führt man großes im Schilde.
Eine Brücke über die Elster, die wollen wir endlich bauen.
Um unser treffliches Dörfchen und unsere grünen Auen
Zu verbinden mit denen da drüben.
Im Blauem Roß saßen die Anderen des Dorfes und warteten mit Spannung auf das Ergebnis."
"... Was brauchen wir eine Brück? Wir wohnen im Dorfe noch heute,
doch ob wir hier hausen noch morgen, wer kann das alles wissen.
Drum weg mit dem Projekt, wir können die Brücke schon missen.
Auch macht sie schreckliche Kosten, wir haben gehabt dermalen
Die Hülle und Fülle. Wovon soll man das Alles bezahlen?
Was hat's nicht alles gekostet, die Pfarre zu reparieren!
Der Kampf um die Brücke währte noch lange,
den Gästen im Blauen Roß, innen ward schon ängstlich und Bange.
Da stürzt ein Bote ins Zimmer: Ach! Alles, Alles verloren!
Die Brück war ein Traum."

Julius Bernhard Taubert

Geboren am 19. Dezember 1963 in Predel, sein Elternhaus ist noch heute im Besitz der Familie Taubert im Unterdorf. Nach Schulabschluss und Beendigung seiner Ausbildung und Militärzeit verschlug es Herrn Taubert nach Berlin. Seine Tätigkeit war die eines Zollinspektors. Mit Geschichten in der Beilage des "Zeitzer Landmann" drückte er seine Heimatverbundenheit aus. In Ihnen beschrieb er "Aus meiner Jugend" oder besser "Wie ein echter Dorfjunge seine Jugendzeit zu verleben pflegte" seine Kinderjahre in Predel auf.
Auch diese Geschichten sind erhalten.

"... Hochwasser war mehrmals jährlich unser Gast und die Freude aller Kinder, namentlich derer, die im Engerende wohnten. Unser Hof und Garten wurden fast regelmäßig überschwemmt, und in den sehr geräumigen, unter der Scheune gelegenen Kartoffelkeller stand das Grundwasser oft ½ Meter und höher. da wurde die große Waschwanne herbeigeschleppt und im Keller Kahn gefahren.
Aber nicht nur Spiele füllten unsere Jugendzeit aus, sondern oft und teilweise auch sehr anstrengende Arbeit. Und alle Gänge zum Kaufmann, Gasthof, Schmied usw. Lagen uns ob."

Beide Predeler Jungen Ernst Petzold und Julius Taubert trafen sich in Berlin im Verein der Zeitzer und konnten sich über ihren Heimatort austauschen.

 

Das Vorwerk de Predele

Das in der urkundlichen Erwähnung als Dominicale Predele bezeichnete Vorwerk, war der erste Hof in Predel, bekannt unter Wesser, Pauls Grundstück, heute Hauptstr. 1, der durch das Kloster als Außenstelle ausgebaut wurde und mit den dazugehörigen Äckern und Wiesen den Unterhalt sicherte. Die Missionierung der nahen und weiteren Gebiete konnte von hier aus vorangetrieben werden. Noch auf den alten Fotos des Jahres 1931 sind die Laubengänge und einzelnen


Die letzte Ansicht der besagten
Propstei-Scheune


Innenansicht des ehemaligen Vorwerkes
"de Predele"

Kammern für Reisende in Kirchenfragen zu erkennen. Doch schon mit dem Einsetzen protestantischer Pfarrer mit eigenen Grundstücken der neuen Kirche wurde dieses Gehöft an die Pächter oder Verwalter verkauft und ist seit jener Zeit im Privatbesitz. Auch die prächtige Scheune mit den imposanten Fachwerkmustern sollte ein Zeugnis von Größe und Stabilität abgeben. Dieses Gebäude wird auch nach 1600 noch als Propstei-Scheune

bezeichnet und gehörte bis nach 1800 noch zu den kirchlichen Besitztümern der reformierten Michaeliskirche von Zeitz. Leider konnte auch durch den Denkmalschutz der Verfall dieser Scheune nicht aufgehalten werden. Teile davon sind schon abgerissen, um die Sicherheit für die Menschen zu gewähren.

Die Kirche

Seit Jahrhunderten ein Symbol des Glaubens und der Kirchenverbundenheit ragt sie mit ihrem "Schiefen Turm" weit über den ganzen Ort.

Der romanische Turm am Westgiebel zum Friedhof hin wurde schon um 1200 - 1250 unter Anleitung und aus finanziellen Mitteln  des Klosters Sankt Stephan von den Dorfbewohnern errichtet. Dieses Kloster sollte für die nächsten 300 Jahre bestimmend für die Entwicklung des Ortes sein.

Der Turm war einige hundert Jahre lang das einzige Gebäude aus Stein in unserem Ort. Steine gab es in der näheren Umgebung nicht, sondern sie mussten aus dem Steinbruch von Mannsdorf mit Ochsenkarren herangeholt werden. Durch die Besiedelungspolitik der nächsten Jahrzehnte wurde dieser Turm als Schutzbau dringend notwendig, noch immer waren Überfälle anderer Stämme und räuberische Kohorten an der Tagesordnung. Der Einstieg dazu lag in ca. 6,80 Meter Höhe und ist durch den Rundbogen noch zu erkennen. Nur mit Strickleitern konnte der Turm erklommen werden.

 

Im unteren Teil mit der Nische für das Kreuz und die Kirchenreliquien wurden schon Gottesdienste und Taufen der bekehrten erwachsenen Heiden durchgeführt. Diese hatten mit der Zeit erkannt, dass das neue Christentum ihnen viele Bestimmungen und Forderungen auferlegte, aber ihnen auch einen stärkeren Schutz in der Gemeinschaft bot.
Schon von der Erstbesiedelung an bis heute wird der Platz um diesen Turm als Begräbnisstätte genutzt. War es bei der Besiedelung durch die Sorben üblich, die Toten außerhalb des Wohnortes zu begraben, mussten sie erkennen, dass bei den Christen Begräbnisstätten und Friedhöfe zum Dorfleben dazu gehörten. Knochenfunde wurden bis in die heutige Zeit bei allen möglichen Ausschachtungen rund um die Kirche gemacht.
In einer alten Mitteilung wird um 1324 der Mönch von Predel, der gleichzeitig "Castellahn" (alte Schreibweise) von Eisenberg war, erwähnt. Daraus ist ersichtlich, dass der geistige und wirtschaftliche Aufschwung des Ortes durch das Kloster vorangetrieben wurde.


Der kleine Kirchturm mit Schäden am
Dach, wie sie über Jahrhunderte ständig
zu reparieren waren.

Die steigende Bevölkerungszahl machte eine Erweiterung der Kirche notwendig. Um 1507 wurde der kleine Kirchturm für den Altar gebaut. Beide Türme wurden mit einem kleinen Kirchenschiff verbunden. Zu jener Zeit wurde auch der alte Turm erhöht und mit einer Spitzhaube versehen. Auch sind seit dieser Zeit beide Türme mit Schieferplatten bedeckt. Über das Warum und Wieso des "schiefen Turms" gibt es verschiedene Spekulationen. Am augenscheinlichsten ist die, dass der Baumeister dem ständigen Winddruck aus westlicher Richtung entgegen wirken wollte. Noch war der Schutz der Kippe nicht vorhanden.
Doch machte gerade die Höhe des Turmes erhebliche Reparaturarbeiten über die vielen Jahrhunderte hinweg notwendig.

Aus den Turmkopfunterlagen ist ersichtlich, dass der große Turm bis 1983 achtmal repariert und unzählige Male ausgebessert werden musste. Bei den Großreparaturen wurden die Turmkugeln abgenommen und mit aktuellen Zeitdokumenten versehen. Vor einigen Jahrzehnten wurde dem Pfarrer und den Kirchenältesten ein Plan unterbreitet, den Turm abzutragen und die Turmhaube zu verkleinern. Dieser Plan wurde vom ganzen Dorf abgelehnt.
Die größten Sanierungsarbeiten in der Geschichte der Kirche wurden in den Jahren 1994 - 1997 durchgeführt. Innen und außen bekam dieses Gotteshaus ein neues Gesicht. Die festliche Neueinweihung der Kirche fand am 31. Mai und 1. Juni 1997 statt. Die Gesamtkosten beliefen sich auf eine Summe von ca. 350.000,00 DM, wobei über 100.000 DM in finanzieller Form und als Arbeitsleistungen von den Predlern zu Buche stehen.
Das Gotteshaus hat sich zu einem repräsentativen Schmuckstück unseres Dorfes entwickelt und eines muss man den Predlern lassen, über die gesamten Jahrhunderte hinweg haben sie sich, ob finanziell oder mit tatkräftiger Arbeit, für den Erhalt ihrer Kirche eingesetzt und deshalb können die Predler mit Stolz von "ihrer Kirche" sprechen.


Die renovierte Kirche

Schreiben des Pfarrers August Lobeck vom Jahre 1869 anlässlich der erneuten Aufsetzung des Turmkopfes nach Reparaturarbeiten:
"... Was unsere Kirche selbst betrifft, die zu einer der ansehnlichsten und freundlichsten in der Umgebung gehört, so hat die hiesige Gemeinde, dies muss ich hier rühmlich erwähnen, immer die größte Liebe und Hochachtung gegen dieselbe bewiesen. Dies hat sie getan, indem sie im Jahre 1857 am Erntedankfeste Kanzel, Taufstein und Altar mit einer ganz neuen dunkelblauen Bekleidung versah und im Jahre 1863 die inneren Räume unseres Gotteshauses auf eigene Kosten ausweißen und die biblischen Sprüche an den Emporen, Kanzel und Chor durch frische Farben restaurieren und verschönern ließ. Auch hat die hiesige Gemeinde im Jahre 1866 ein neues Grab- und Leichentuch angeschafft."

Ein neuerlicher Beweis für die Verbundenheit der Predler mit ihrer Kirche ist die Tatsache, dass der Einbau eines elektrischen Antriebs für das Geläut in diesem Jahr hauptsächlich aus privaten Spenden finanziert wurde.

Die genaue Geschichte der Kirche und deren Innenausstattung ist nachzulesen in der Festschrift "Die Kirche von Predel" von Erika Karl anlässlich der Wiedereinweihung 1997.

Eng verbunden mit der Kirche waren das Pastorengrundstück und die Entwicklung der Schule.


Das Pfarrhaus mit seinem geräumigen Gelände

oder noch heute im Sprachgebrauch - die Pfarre

Das Pfarrgrundstück muss vor vielen hundert Jahren ein ziemlich großes Bauerngut gewesen sein und ist mit der Besiedelung der Kirchgasse entstanden. Ob es nach Einführung der Reformation von der neuen Kirche gekauft wurde oder ob die letzten Besitzer es der Kirche überschrieben haben, was bis weit ins 18. Jahrhundert noch üblich war, wenn kein Nachfolger vorhanden war, ist leider nicht zu ermitteln. Laut altem Einwohnerbuch von 1700 waren die Bewohner die ansässigen Pfarrer.

In alten Aufzeichnungen über die Pfarrerbesoldung wird schon um 1582 das Pfarrhaus mit den dazugehörigen Äckern und Wiesen beschrieben. Bei jedem Pfarrerwechsel wurde der gesamte Besitz der Kirche, das Pfarrhaus samt Inventar und allen Grundstücken neu aufgelistet. Ebenso der Pachtzins und die Namen der Pächter sowie der Tag der Bezahlung. noch heute ist die respektable Größe des Pfarrgrundstückes zu sehen, denn bis weit nach 1850, noch zu Zeiten des Pfarrers Lobeck 1869, war jeder Pfarrer ein kleiner Bauersmann. Nach Beschreibungen über den Zustand der Nebengebäude und das Pfarrhaus selbst waren diese schon 1582 nicht die Besten und wurden nur notdürftig instand gehalten. Auch blieb das Pfarrhaus von Bränden nicht verschont, denn nachweislich schon 1707 brannte es mit dem Schulgebäude ab. Beim legendären Großbrand 1813 wurde das Gebäude ebenfalls ein Opfer der Flammen. jedes Mal verloren die Pfarrer dabei, wie viele Dorfbewohner auch, ihr gesamtes Hab und Gut und auch viele Niederschriften über das Dorfleben wurden vernichtet. Am längsten bewohnte Pfarrer Ferdinand Bernhard Schoch das Pfarrhaus, auch nach seinem Ausscheiden aus dem Kirchendienst. Nach dem Tod seiner Frau allein, bis er 1950 zu seiner Tochter zog. Ab dieser Zeit bewohnten die für Predel zuständigen Pfarrer das erst um 1912 neu erbaute Pfarrhaus in Reuden. Nach dem Krieg waren auch vorübergehend Umsiedler in der Predler Pfarre untergebracht. 1946 zog Max Wiligalla mit seiner Familie ein, unter der Bedingung, für die Kirche und den Friedhof zu sorgen und in dieser Funktion kannten ihn viele alte Predler. Auch sein Sohn Lothar hat bis 1964 mit Familie dort gewohnt. Max und Frieda Wiligalla lebten noch bis 1976 bzw. 1985 im alten Pfarrhaus. Von dieser Zeit an wurde es nicht mehr bewohnt, nur ein Raum wurde als Kirchengemeinderaum genutzt. Das ganze Objekt war mehr oder weniger dem Verfall preisgegeben, denn es fehlten der Kirche die Gelder, um eine Instandsetzung möglich machen zu können. Der Garten, die Wiesen und die Felder waren verpachtet, aber die Gebäude blieben leer. Vor sehr langer Zeit musste die Giebelseite schon einmal massiv neu aufgebaut werden.
Der alte Stall mit der Scheune wurde schon Anfang der 90er Jahre aus Gründen der Baufälligkeit abgerissen, die alte Kastanie zerschlug bei einem Sturm fast das Dach des Wohnhauses, von unten drang die Nässe durch den Fußboden und die weitere Nutzung des Gebäudes wurde unmöglich. Es stand zum Verkauf.
Nach langer Zeit fanden sich junge Menschen, denen der Charme dieses alten Gemäuers gefiel. Mit viel Enthusiasmus, großen Mut und noch mehr als viel Arbeit schafften es diese jungen Familien dem alten Wohnhaus unter allen denkmalschützerischen Aspekten ein neues Aussehen zu geben. Kaum jemand hat daran geglaubt, was wir heute sehen. Ein wunderschönes "altes" neues Gebäude, welches mit Leben erfüllt ist. Auch die Außenanlage gibt ein schönes Bild und wünschen wir den jungen Menschen auch für die Gestaltung des Innenhofes Kraft und Ausdauer.

Noch eine Besonderheit kam bei längeren Recherchen ans Tageslicht. Im Pfarrgrundstück befand sich der einzige öffentliche Brunnen der Gemeinde. Dieser versorgte die Pfarrersfamilien, die Schule, die Lehrer und die Kirche mit dem notwendigen Wasser. Er befindet sich gleich rechts neben dem Hoftor auf Rechenbergs Haus zu und ist leider teilweise verschüttet und zugedeckt. Das Interesse der neuen Besitzer ist da und vielleicht kommt er wieder mal in Gebrauch.

 

Zu diesem Thema gehört für unser Dorf:

Die katholische Kirche

Das Objekt der katholischen Kirche, die Liebfrauenkapelle, befindet sich im Unterdorf. Erkennbar an dem hölzernen Glockenturm des aus einer Scheune hergerichteten Gebäudes. Betreut wurde und wird dieses Gehöft von der Familie Przybilla und steht noch immer im Besitz der katholischen Kirche.


Die schlichte Innenausstattung der katholischen Kirche


Auszug aus der Neue Weg vom 11.04.1953:
"Die Katholiken des nördlichen Teils der Kirchengemeinde Tröglitz hatten am Ostermontag ihren großen Tag. Nach fast einjähriger Arbeit hatten die Gläubigen eine ehemalige Scheune so würdig zu einer Kapelle ausgestaltet, dass man das Werk als gut gelungen bezeichnen kann.
... Im Auftrag des Erzbischofs nahm Pfarrer Wittelsbach, Zeitz, die Weihehandlung vor, assistiert von Kurat Kamphusmann, Droyßig, und Vikar Schmitz, Zeitz."
Was aus heutiger Sicht unsere Hochachtung verdient, war die Anteilnahme der evangelischen Gemeinde.
"Die evangelischen Gemeinden nahmen lebhaften Anteil an dieser Feier und läuteten mit den Kirchenglocken von Reuden und Predel die Feierstunde ein. Das Grußwort überbrachte Pfarrer Geppert aus Reuden, der in brüderlich-herzlicher Wiese der katholischen Gemeinde für diesen Tag und weiterhin den Segen des auferstandenen Heilands Jesus Christus wünschte, damit von diesem Mittelpunkt das religiöse Leben vertieft wurde."
 

Der hölzerne Glockenturm wurde erst einige Zeit später aufgesetzt und für die Predler war das tägliche Läuten ein weithin hörbares Zeitmaß für ihre Arbeit. Die erste Zeit läuteten die Glocken früh, mittags und abends. Doch die in der Nähe wohnenden Leute, vor allem die im Schichtdienst arbeiteten, fühlten sich um ihren Schlaf gebracht und man bat, das Morgenläuten einzustellen. Das Mittags- und Abendsläuten blieb. Viele Kinder, 1-2 Generationen zurück, werden sich an die Worte ihrer Eltern erinnern: "Wenn's bimmelt kommst du heim." Im Sommer 18.00 Uhr und im Winter 17.00 Uhr schlug die Glocke zum Feierabend, seit einigen Jahren wird es vermisst und wird deshalb demnächst durch das Abendläuten der evangelischen Kirche ersetzt.
Was nur noch ältere Predler wissen, es hat schon Anfang 1900 eine katholische Kapelle im Ort gegeben.
Die sich Ende des 19. Jahrhunderts, also um 1870 herum, entwickelnde Industrie in der näheren Umgebung brachte es mit sich, dass viele junge Menschen in solchen neuen Fabriken suchten wie z.B. in der Ziegelherstellung, in der Braunkohle und in Zeitz, wo sich viele neue Industriezweige etablierten.


Der hölzerne Glockenturm


Den bäuerlichen Höfen fehlte es an Arbeitskräften, vor allem in den Erntemonaten. viele Bauern waren auf die Hilfe von Saisonkräften angewiesen, und diese kamen aus den katholischen Ortsgebieten mit ihren ganzen Familien. Um auch jenen das Ausüben ihres Glaubens zu ermöglichen, kaufte die Katholische Kirche von Zeitz in Predel ein Anwesen mit Wohnhaus, Nebengebäuden und Feld (heute Lormes' Besitz). Um 1910 wurden in diesem Grundstück einige Zeit katholische Messen abgehalten. Doch der damalige Pfarrer von Zeitz hatte mit seiner seelsorgerischen Tätigkeit die Stadt Zeitz und über 100 Dörfer in der Umgebung zu betreuen. Die Arbeit war nicht mehr zu schaffen und es wurde beschlossen, eine zentrale Kapelle in Droyßig zu bauen. Das Predeler Objekt wurde wieder aufgegeben und der ganze Besitz veräußert.


Das Rittergut

Die Entstehung des Rittergutes geht auf die Eroberung und Christianisierung unseres Gebietes zurück. Um diese Gebiete aber gegen Feinde und Widersacher schützen zu können, brauchten Könige und Kaiser treue Mannen. Mit ihren Eroberungsfeldzügen gen Osten hatten sie sich zwar viel Land angeeignet, aber an Geld und Reichtümern war nicht viel zu holen. Wie sollten aber ohne Geld die kämpfenden Reiter (Ritter) bei Laune gehalten werden? Wurden diese doch bei neuen Fehden und kriegerischen Auseinandersetzungen dringend gebraucht.
An strategisch wichtigen Punkten baute man ihnen Burgen, gab den Rittern Ländereien und die kleinen Ansiedelungen als Eigentum und ließ sie wirtschaften - die Ritterburgen entstanden.
In den überwiegend ländlichen Gebieten wurden ihnen großflächige Ländereien mit Vieh und Untertanen geschenkt und hier ebenso, mussten sie sich selbst ernähren und auch dem Herrscher Tribut zollen.
Doch knüpften die Mächtigen an diese Schenkungen auch Bedingungen. Erstens - unbedingten Gehorsam und Gefolgstreue gegenüber seinem König, zweitens - bei Zwistigkeiten und Feldzügen hatten die Herren Ritter auf eigene Kosten und eigenen Unterhalt mit ihren Knappen und Kriegsknechten zum Kampf zu erscheinen. Zu jener Zeit waren Plünderungen und Verwüstungen in den eigenen Gebieten bei Strafe verboten. Ihnen wurden Anteile an den Beutezügen versprochen.
Doch die Realität sah etwas anders aus. Die neuen Ostgebiete waren arm und bei manch hohen Herrschaften waren die Truhen leer, so dass die Mächtigen oftmals ihre Ritter nicht auszahlen konnten.
Wie erging es nun den Rittern? Zu Hause waren Burg oder Gut ohne männliche Führung und die arbeitsfähigen Männer waren mit im Kampf. Die Eigenerwirtschaftung lag im Argen, Beutezüge brachten nicht viel ein, aber gut leben wollte man auch. So kamen einige auf die Idee, sich dort zu bedienen, wo was zu holen war, bei den Handelsreisenden, Kaufleuten und verfeindeten Adligen - die Raubritter waren geboren. Überfälle, Plünderungen, Geiselnahme und Erpressung waren an der Tagesordnung. Doch gerade das hatten Kaiser und Könige mit der Landvergabe verhindern wollen. Diese Verfehlungen wurden hart geahndet, Burgen wurden angezündet und verwüstet, die Ruinen sind heut noch zu sehen.
Die landwirtschaftlichen Güter wurden an Gefolgstreue und in den Adelsstand erhobenen freie Männer, die sich im Kampf ausgezeichnet hatten, neu verschenkt, jedoch nicht als Eigentum, sondern als Mann-Lehngüter und mit dem feierlichen Eide, seinem Herrn treu zu dienen.

Ein Mann-Lehngut bedeutet, das Gut durfte nur einem männlichen Nachkommen übergeben werden. Auch das Predler Rittergut gehörte mit seiner Entstehung dazu. Sehr wenig war über die ehemaligen Besitzer des Rittergutes von Predel zu erfahren, obwohl im Archiv Wernigerode Unmengen von Akten vorhanden sind. Es würde Jahre intensiver Arbeit benötigen, um die alten Akten und Urkunden in lateinischer und altdeutscher Handschrift zu brauchbaren Nachrichten aufzuarbeiten. Nur kleine Überlieferungen können hier den jeweiligen Besitzern zugeordnet werden.
Die Gründung des Rittergutes könnte nach 1200 erfolgt sein.

Familie derer von Lenow:

 Im Sterberegister der Kirche um 1450 erwähnt, noch als Mann-Lehngut geführt, musste die Familie schon ihren Tribut an den jeweiligen Herrscher zahlen. Zu jener Zeit waren die Rittergutsbesitzer schon die Colatoren (aus dem lateinischen, der etwas zusammenträgt, Einsammler). An einem bestimmten Tag im Herbst, meist zu Martini, mussten die Bauern einen festgelegten Teil ihrer Ernten und Erwirtschaftungen je nach Größe des Hofes im Rittergut abliefern. In der Kirche hatten die Rittergutsbesitzer noch kein Mitspracherecht, da diese vom katholischen Stephanskloster beherrscht wurde und Kirche und Staat noch keine Einheit bildeten.

Im Kirchenbuch von 1700 wird das Rittergut unter dem Namen "Der Edelshof" geführt.

Degenhardt von Neidschütz um 1549:

Dieser war nach der Reformation der erste Kirchenpatron von Predel, hatte bestimmte Rechte und Pflichten gegenüber der Kirche, auch Kontrollfunktionen, durfte über die Besetzung der Stellen des Pfarrers und des Kantors, später des Lehrers bestimmen.

Generationen derer von Kayn:

Um 1650-1770 Colatoren und Patronatsherren

Melchior Heinrich von Kayn

Er verstarb am 2. Juli 1705 und wurde als letzter Patronatsherr in der Kirche unter der Empore in einem gemauerten Grab beigesetzt. Laut Unterlagen der Kirchturmkugel hat er viel für die Reparaturen an der Kirche, vor allem des Turms beigetragen.
Sein Sohn Hans-Georg starb am 10. September 1694 im Alter von 17 Jahren.
Da kein männlicher Nachkomme mehr da war, erbte das Gut 1708 sein Neffe.

Gottfried August von Kayn

Jener stammte aus dem heutigen Munkelschen Gehöft in der Kirchgasse. Sein Vater, Hanß Heinrich von Kayn besaß noch ein Gut in Auligk und war hochbestallter Hofjustitien- und Konsistorialrat im Hochfürstlichen Sächsischen Naumburg, Stiftshauptmann, Obersteuereinnehmer und Direktor der Stiftsstände. Hanß Heinrich verzichtete auf das Erbe von seinem Bruder und ließ es seinem Sohn Gottfried August als Mann-Lehngut überschreiben. Dieser hat zwischen 1708 und 1726 viel für die Innengestaltung und Reparatur der ganzen Kirche getan.
Der nächste Besitzer war sein Sohn.

Leutnant Gottlob Heinrich von Kayn

Dieser verstarb 1767 und hinterließ einen noch minderjährigen Sohn, Friedrich Gottlob Moritz von Kayn. Hier tritt der Name von Helldorf erstmals für Predel in Erscheinung.
Der aus der Weißenfelser militärischen Linie stammende Major Ernst Wilhelm von Helldorf wurde zum Vormund des minderjährigen Knaben bestellt. Dieser fand eine traurige Hinterlassenschaft vor. Das Rittergut war hoch verschuldet, mit Hypotheken belastet, stark heruntergewirtschaftet und Erbansprüche mussten auch abgegolten werden, insgesamt 12.000 Gulden. In einem Schreiben an den Kurfürsten von Sachsen-Weißenfels listet er alle Ausgaben auf und bittet, das Rittergut verkaufen zu dürfen, um auch die Kosten für die Erziehung seines Mündels zu erbringen (z.B. waren 118 Gulden an Schulden für die Kirche Predel nachweisbar).

Rudolph von Bünau (geb. 1712) Kurfürstlich Sächsischer Hauptmann, kaufte 1768 das Rittergut.

Das Adelsgeschlecht derer von Bünau war ab dem 14. Jahrhundert eines der ältesten, weitverzweigtesten und reichsten Geschlechter im Meißener Land.
Aus einer alten Urkunde 1770 geht hervor, dass Herr von Bünau sich von den 4 Gerichtsschöppen des Dorfes mit deren eigenhändiger Unterschrift seiner Arbeiten an den Gebäuden und auf den Feldern des Rittergutes bestätigen lassen musste, er verweist in dem Schreiben auf die starke Vernachlässigung. Die Möglichkeit liegt nahe, dass er seine Abgaben an Naturalien und Steuern nicht leisten konnte.
Seine Witwe, die 84-jährige Karoline Hypolitte von Bünau, wohnte noch 1794 in Predel und da keine männlichen Erben für das Gut vorhanden waren oder diese auf das Erbrecht verzichteten, wurde Frau von Bünau Colator über das Kirchen- und Schulwesen.
Den Kirchenbüchern nach waren die nächsten Besitzer für kurze Zeit:

Johann Adolph von Milkau oder Wilkau

Christoph Gottlob Göricke

Johann Heinrich Gottlieb Hebestreit um 1802

Er war Fürstlich Sächsischer Kammerkommissionsrat in Altenburg und anerkennt 1811 den Schullehrer Christian Brückner, als Substitut zum alten Lehrer Johann Christian Schmidt.

Hans Heinrich Mettler um 1824

Ließ als neuer Herr des Rittergutes und Patron eine Außentreppe zur Patronatsloge an der Kirche anbauen, diese wurde 1920 wieder abgerissen.
Herr Mettler muss früh gestorben sein, da schon 1831 seine Witwe Johanna Rosina geb. Roetscher beim Landesgericht Zeitz um eine juristische Person zu sich nach Predel in die Wohnung bittet, zwecks Aufstellung eines Testaments. Sie war zu diesem Zeitpunkt 47 Jahre alt, an Tyfus erkrankt und hinterlässt 8 erbberechtigte, teils minderjährige Kinder.
 

Gebrüder Friedrich Wilhelm und Ferdinand Robert Trummer

Kauften am 16. September 1840 das Rittergut Predel für eine Summe von 28.600 Talern. Ferdinand Robert Trummer verstarb einige Jahre danach und überschrieb dem Bruder seinen Anteil. Dieser hatte das Rittergut bis 1860 im Besitz. Friedrich Wilhelm Trummer war 1851 als Vertreter der Rittergutsgemeinde mitverantwortlich bei der Gründung des Spritzenverbandes Predel-Reuden.

Derer von Helldorf von 1860 bis 1909/11

Aus der privaten Schrift
"Das Geschlecht von Helldorf"

Im Jahre 1860 kaufte Bernhard Heinrich von Helldorf das Rittergut zu einem Preis von 40.000 Reichstalern für seinen Sohn Heinrich Ferdinand. Diesem wurde 1862 die kommissarische Verwaltung des Landratsamtes in Zeitz übertragen und 1863 wurde er durch Wahl zum Landrat ernannt. Schon 1873 bat er aus gesundheitlichen Gründen um die Entlassung aus diesem Amt und verstarb am 11.05.1876 in Predel. Erbe war sein Sohn Heinrich Ferdinand von Helldorf.

Von Zins und Fron in der "guten alten Zeit"
Predel, den 7. Dezember 1852

Alte Zeitungen sind die besten Kulturdokumente, die man sich denken kann. Das kleine Bändchen vor mir ist das "Zeitzer Kreisblatt", von 1852, also aus den Jahren nach 1848. Es ist ein rechtes Spiegelbild seiner Zeit und ließt sich manchmal wie ein bissiges Witzblatt. Heute nur ein Beispiel: Da meldet in Nr. 86 vom 27. Oktober ein Inserat: "Das Laubharken im hiesigen Rittergutsholze, sowie das Fahren, Reiten und Treiben auf hiesigen Rittergutsfeldern wird bei Pfändung verboten. Rittergut Predel. Trummer." - Wie ein Paukenschlag steht der Name unter der Pfändung. Aber die es angeht, sind auch nicht faul. In Nr. 89 vom 8. November 1852 erwidern sie :
"Sowie in Nr. 86 dieses Blattes vom Rittergut Predel, so auch von derselbigen Gemeinde, wird das unbefugte Fahren und Treiben auf den Gemeindegrundstücken, sowie das unbefugte Fahren über die Eisacksbrücke, desgleichen das lästige Herumlaufen der  "m a g e r e n  R i t t e r g u t s s c h w e i n e" , ebenfalls bei Pfändung verboten. Predel, den 4. Nov. 1852. Die Gemeinde daselbst." - Das war der zweite "Trumm"! Wie wütend Herr Trummer darüber gewesen sein mag, das geht aus dem Ton der nächsten Ankündigung hervor, die gleich zweimal hintereinander, in Nr. 99 vom 11. Dezember und Nr. 100 vom 15. Dezember 1852 erschien:
"Z i n s t a g   i n   P r e d e l. Die Einnahme der dem Unterzeichneten Dominio

zustehenden Erbzinsen pro 1852, sowie der noch rückständigen Lehngelder soll am 20. und 21. Dezember cr. von Vormittags 9 Uhr ab auf hiesigem Rittergute stattfinden, wovon die Beteiligten mit dem Bemerken hierdurch in Kenntnis gesetzt werden, dass sie bei ihrem Ausbleiben sofortige Klageanstellung zu gewärtigen haben. Predel, den 7. Dezember 1852. Das Dominium daselbst."
Es wird ihnen nichts übrig geblieben sein, sie mussten zahlen, und das noch viele Jahre lang. Und als vom Staate die allgemeine Ablösung der Zins- und Fronlasten vorgeschrieben wurde, da bezahlten sie z.T. noch einmal ihr Eigentum und eigen Recht, um das sie im Laufe der Jahrhunderte von den schrifts- oder amtssässigen Rittergutsherrschaften betrogen worden waren. Die alten Erbzinsbücher bieten dazu unzählige Beispiele von Urkundenfälschungen, die zum Schaden der Fronpflichtigen vorgennomen wurden und zum nutzen des Rittergutes. Die Bauern konnten in früheren Jahrhunderten ja doch nicht lesen, und später konnte keiner mehr nachprüfen, was Urgroßvater einmal unrechtmäßigerweise an Lasten zugeschrieben wurde. was nutze es dem damals, wenn er noch so sehr an den Fingern vorzählte, dass er im Recht war: die Herren Amtsschreiber - die meist auch nicht "astrein" waren - wiesen ihm die Schulden doch in den Zinsbüchern nach

Bericht des DNW Nr. 44, aus dem Nachlass von Heimatforscher Werner Schulze

Da seine Hauptaufgabe in der Verwaltung der größeren Besitztümer seiner Gemahlin bestand, begann er 1909 das Rittergut in Teilstücken zu verkaufen. Einige Felder an der Profener Flur wurden schon damals durch die Braunkohle-Gesellschaft aufgekauft und die Anderen erwarben einige Bauern von Predel und Profen. Die von Helldorfs waren die letzten Patrone der Kirche und Schule und treten 1904 als Mitbegründer des Spritzenverbandes Predel auf. Das einzige Wappen, welches in der Kirche noch nachgewiesen werden konnte, war das der von Helldorf. Nach 90 Jahren wurde es wieder farblich restauriert an der verbliebenen Patronatsloge angebracht.

Wilhelm Schumann, Besitzer ab 1911

Ab 1909 hatte er zunächst in Pacht das Gut mit dem Obstgarten und einige Wiesen und Felder, 1911 verkauft. Wilhelm Schumann lehnte das Patronatsrecht über die Kirche und Schule ab und wollte auch die Patronatsloge nicht in Anspruch nehmen. Er wollte nur ein Bauer im Dorf sein, wie viele andere auch. Sein Urenkel, Ingo Neitzsch, bewohnt heute mit seiner Familie das Grundstück des ehemaligen Rittergutes.
An die alten Zeiten erinnert nur noch ein Teil des alten Wohnstallhauses, dessen vorderer Teil 1944 durch Fliegerbomben zerstört wurde. Das jetzige Wohnhaus wurde erst nach 1945 an diesem Platz erbaut. Die große Scheune zum Obstgarten hin musste Anfang 1990 abgerissen werden, noch viel früher fiel das große Nebengebäude zum Grundstück Krötzsch dem Verfall zum Opfer. Nur Reste der Grundmauer am Fußweg und ein alter Keller sind noch zu sehen.

Aus all diesen Kurzberichten über die ehemaligen Rittergutsbesitzer (bis auf W. Schumann) ist zu erkennen, dass es keine mit der Landwirtschaft verwachsene Herren waren. Zum Glück für die Bauern und die übrige Dorfgemeinschaft. Sie hatten zwar das Recht der Fron- und Zinseintreibung, aber keine Gerichtsbarkeit und Herrschaftsgewalt über das Dorf. Vor allem nach dem Tauschregress im Jahre 1661, als das gesamte Dorf zum Herzogtum Sachsen-Zeitz kam und nur Rittergut, Schule und die Kirche in der Verwaltung Sachsen-Weißenfels verblieben. Viele Nachbardörfer wurden durch diesen brüderlichen Tauschhandel in verschiedene Hoheitsgebiete zerstückelt. Predel konnte durch eine einheitliche Gesetzes- und Gerichtsbarkeit aufblühen.

Die über 500-jährige Schulgeschichte unseres Ortes
 

Der Standort des staatlichen Gebäudes gleich neben der Kirche ist seit über 500 Jahren als Schule in Predel bekannt. Doch erst 1903 wurde es in dieser Größe, auf den Grundmauern der alten Schule, mit zwei Klassenräumen und zwei Lehrerwohnungen neu eingerichtet.
Doch wie sah die Schule und vor allem der Schulunterricht im Laufe von 500 Jahren aus.


Die alte Schule vor 1900


Kirche und Staat bildeten zu jener Zeit eine Einheit. Wichtig für die Belehrung der Dorfjugend war das Vorhandensein einer Kirche. Und da in Predel 1507 die neugebaute Kirche geweiht wurde und die ersten Pfarrer ihr Amt aufnahmen, musste das Christentum und seine damals noch katholischen Lehren den Kindern nahe gebracht werden. So übernahmen die damaligen Kirchendiener, später die Küster, dieses Amt. Noch in Latein wurden den Kindern Bibelsprüche, Kirchenlieder und Handhabungen als Messdiener bei Gottesdiensten zum Auswendiglernen vorgetragen. Erst waren es auch nur die Jungen, die in diese Sonntagsschulen gehen mussten. Die Mädchen hatten gefälligst zu Hause die Arbeiten einer Frau und Mutter im Familienverband zu lernen. Doch vor allem hatten die meisten Eltern nicht das Geld, um die Schule zu ermöglichen. Auch lag die Last der Bezahlung in Naturalien für die Küster auf der gesamten Dorfgemeinschaft. Je nach Größe des Gehöftes mussten Abgaben geleistet werden. Selbst nach der Reformation änderte sich erstmal nichts an der bestehenden so genannten Schule. Erst 1580 wurde im Albertinischen Kursachsen eine Schulordnung eingeführt. Hier wurde erstmals festgelegt, dass Lesen zur Grundausbildung gehört. Sehr viel später kam das Rechnen hinzu.
Durch das erstarkende Handwerk und den Aufschwung des Handels in den Städten machte sich eine bessere Schulbildung der Jugend dringend notwendig. Doch ehe Kirche und Staat einsahen, dass auch die Landwirtschaft und die Herstellung der Bedarfsgüter für die Bevölkerung eine Bildung der Landjugend erforderte, sollten noch Jahrzehnte vergehen.
Im Jahre 1673 ergaben Kirchenvisitationen durch die Obrigkeiten, dass der Bildungsmangel auf dem Lande so nicht mehr zu verantworten war, und an der Ausbildung und Kontrolle der Lehrer gearbeitet werden musste.
Aus dem "Zeitzer Landmann" liegen Berichte über die damalige Schulreform in Predel vom Lehrer Walter Kramer aus Zeitz vor. Er schreibt: Über die Schuljugend von Predel herrscht seit dem Jahre 1539, also seit der Reformation, die Engemanndynastie. Christian Engemann, mit dessen Tod 1692 die Stelle frei wurde mag schon der vierte seines Geschlechts gewesen sein.

Weiter geht aus seinem Bericht hervor: Nach dem 30-jährigem Krieg waren auch in fast allen Orten auf dem Lande Schulen vorhanden.

Die letzten schwedischen Truppen verließen erst 1650 das Dorf, also 2 Jahre nach Beendigung des Krieges. Was das für Predel bedeutete, kann sich mancher vorstellen, denn diese Heere mussten ja verköstigt werden und dies auf den Schultern der Dorfbewohner. An Schulgeld und Unterricht war da wenig zu denken.
Predel wurde 1661 von der Verwaltung Sachsen-Weißenfels an die Verwaltung Sachsen-Zeitz vertauscht. Das Rittergut, die Kirche und die Schule blieben in der Verwaltung Weißenfels.
Der damalige Colator, Eintreiber der Abgaben für den oberen Lehnsherren und die Schule, Rittergutsbesitzer Melchior Heinrich von Kayn hatte das Recht, einen neuen Lehrer einzuführen.
Hier beginnt eine aktenkundige Geschichte der streitbaren Predler:
"Besagter Herr von Kayn sollte binnen 4 Wochen nach dem Tod des Lehrers Engemann einen neuen Schulmeister präsentieren, der dann vor dem Superintendenten das Examen und vor der Gemeinde eine Singeprobe abzulegen hatte. Nach dieser Probe in der Kirche in Gegenwart des Colators und des Landrichters Liebener von Zeitz wurde die Gemeinde nach ihrer Meinung gefragt. Und jetzt geschieht etwas merkwürdiges, die Bauern kehren dem Pastor den Rücken und tun, als ob es sie überhaupt nichts anginge, und einer nach dem anderen stiehlt sich heimlich davon. Nur der Schulze bleibt und erklärt, sie wollen Pellio nicht, weil er ihnen vom Colator aufgezwungen werden soll, auch würde die Gemeinde die zustehenden Gefälle, wie Weihnachtsbrote und andere Naturalien, nicht zahlen. Es wurde daraufhin so beschieden, dass die Gemeinde binnen drei Tage ihren Anspruch schriftlich beim Colator einzubringen habe."
 

Doch nach Ablauf der Frist war kein Schreiben der Gemeinde bei Herrn von Kayn eingegangen, und so wurde Pellio seine Vokation ausgehändigt.

Doch wie sah das Schulleben vergangener Jahrhunderte aus. Nur im Winter fand Unterricht statt und der auch nur unregelmäßig an Sonntagen.

Lehrer Kramer schreibt: Eine erste Instruktion von 1724 hatte bereits bestimmt, dass auch in den Sommermonaten, mit Ausnahme der Ernte, mindestens eine Stunde Unterricht zu erteilen sei.

Die Gemeinde hat sich aber inzwischen mit ihrem Einspruch unmittelbar an den Superintendenten nach Weißenfels gewand, und da sie jetzt eine Begründung ihrer Haltung finden muss, so hat sie nun hervorgesucht, dass Pellio von sehr kleiner Person sei, eine schwache Stimme und ein blödes Gesicht habe, d.h. sehr kurzsichtig sei, so dass er der Beschulung von 60 Schulkindern nicht gewachsen sei. Für die Schülerzahl muss Paul Engemann als Kronzeuge herhalten; aber er kann auch bloß 40 - 50 Kinder auftreiben; doch was nicht ist, kann ja noch werden. Weiter verstehe Pellio nicht zu rechnen und zu schreiben: Den Beweis für die Behauptung blieben sie schuldig. Und schließlich, quod marimum, er könne nicht die Orgel spielen. Zwar besitzt die Gemeinde keine; aber es ist ihr offenbar inzwischen eingefallen, dass sie sich vielleicht mal eine anschaffen könnte. Das der Superintendent auf diese an den Haaren herbeigezogenen Bedenken weiter nicht eingeht, können wir verstehen. Pellio erhält die Bestätigung des Konsistoriums, und am 10. Oktober endlich kann Pellio seinen Dienst als konfirmierter Schulmeister in Predel antreten, nach dem er am Sonntag vorher im Gottesdienst feierlich in sein Amt eingeführt wurde.



"Der Sünder" von W. Schütze, Schulalltag um 1750


Erst zu dieser Zeit macht man sich auch Gedanken darüber, die Lehrer besser auf ihr Amt vorzubereiten und es wurden einige Eignungsprüfungen für ihren Unterricht gefordert.
Im Jahre 1769 wurde vom "Geheimen Konsistorium" zu Dresden eine Generale zur neuen Schulreform herausgegeben. Vom 6. - 14. Lebensjahr wurde die Schulpflicht eingeführt, säumige Eltern sind mit einem alten Schock = 20 Groschen zu bestrafen. Für arme und verwaiste Kinder musste das Schulgeld von der Gemeinde getragen werden. Erst im Jahre 1794 wurden im "Allgemeinen Landrecht" sämtliche preußische Schulen für Veranstaltungen des Staates und somit zur Gesetzlichkeit erklärt.



Mit Einzug des Pietismus durch August Herrmann Franke (Frankesche Stiftung in Halle) wurde um 1724 die Konfirmation der Jugend eingeführt.


Der Religionsunterricht bekam hierfür die Vorbereitungsaufgabe. Bereits 1678 erschien der Dresdener Kreuzkatechismus. Zwischen 1710 und 1734 wurden erstmals ABC- und Lesebücher sowie ein 1. Rechenbuch für alle Grundschulen gedruckt.
So könnte jener Johann Freyer der erste ausgebildete Lehrer in Predel gewesen sein, der aber nach wie vor die Arbeiten des Küsters und Kantors versehen musste.

Die Lehrer in Predel, bis zum Jahre 1931 und Küster, Kantor und Organist
 

um 1539 - 1692 4 Generationen der Engemanns


Christian Engemann verstarb im hohen Alter von 82 Jahren in Predel. Doch schon einige Jahre vorher beklagte sich der Pfarrer Magister Winkler über die mangelnde Unterweisung der Schulkinder wegen des hohen Alters des Lehrers und der Ungeschicklichkeit seines Sohnes Paul Engemann, der seinem Vater bei den Schulpflichten half. Trotzdem, so berichtet der Pfarrer, war der alte Lehrer im Dorf hoch geachtet und der Sohn Paul hätte gern die Nachfolge angetreten. Doch die Familie Engemann war durch das ungeziemte Betragen des älteren Sohnes Christian, der sogar verhaftet wurde, beim Superintendenten und der Gerichtsbarkeit in Zeitz nicht gut angesehen.
 

um 1692 - 1753 Johann Michael Pellio, der umstrittenste Lehrer von Predel, im Sterberegister steht: verstarb am 18. Mai 1753, Schuldiener allhier von 60 Jahren, 8 Monaten und 2 Tagen,
um 1753 - 1765 Johann Freyer
um 1765 - 1821 Christian Schmidt, war vorher Hauslehrer auf dem Rittergut
um 1821 - 1839 Johann Brückner, war schon seit 1811 der 2. Lehrer an der Schule bis zum Tode von Christian Schmidt,
um 1839 - 1842 Johann Gottfried Heinrich Born
um 1842 - 1855 Johann August Buschendorf
um 1855 - 1866 Christian Louis Stumpf
um 1866 - 1895 Hermann Tille
um 1895 - 1905 Wilhelm Rückert, danach nur Schule mit Vertretungen aus den Nachbardörfern bis zum Herbst,
um 1906 - 1942 Hugo Teichler


Auszüge aus dem Bericht des Lehrers Hermann Tille über die Schule zwischen 1866 und 1869, der neben anderen der Turmkugel nach der Reparatur 1869 beigefügt worden war.

Lehrer Tille schreibt:

"Lehrer Hermann Tille trat am Michaelistage 1866 sein hiesiges Schulamt an.

Sein Wunsch und Gebet lautete:
 

    Vor allem lass die Schule hier
In deinem Schutz erblühen
Und segne Herr, das flehen wir
Des Lehrers treues Mühen.
Gib ihm zu seiner Arbeit Kraft
Und jede Arbeit, die er schafft,
Herr, lass sie wohl gelingen.


Zum Segen in seinem Amte ist Unterzeichnetem eine Behörde beigegeben, die ihm in jeder schwierigen Lage helfend und wohlwollend zur Seite stehet.

Es sind diese folgenden Herren:
 

 

1.

  Sr. Hochehrwürden, der Herr Pastor Lobeck als Schullocalinspektor
 

2.

  Der Gutsbes. U. Ortsvorteher H. Moritz Gottschling hier,
 

3.

  Der Gutsbes. U. Dorfgerichtsschöppe H. August Jacob,
 

4.

  Der Gutsbes. U. Dorfgerichtsschöppe H. Gottl. Jahr, als Schulvorstandmitglieder.
Ferner:

5.

  Der Gutsbesitzer und Kirchenvorsteher H. Gottfr. Kühn hier,
 

6.

  Der Gutsbesitzer u. Dorfgerichtsschreiber H. August Vogel hier,
 

7.

  Der Gutsbesitzer H. August Hering hier.
 

8.

  Der Gasthofbesitzer H. Gottfr. Weise hier, als Gemeindekirchenrats-Mitglieder.
Ferner

9.

  Sr. Hochwürden, der Königl. Superintendent, Herr Oberpfarrer Hartung in Zeitz,
 

10.

  Der Königliche Landrat und Rittergutsbesitzer Herr Baron von Helldorf zu Zeitz,

Gott erhalte diese Männer mir noch recht lange!

Der ganze Götus unserer Schule beträgt bis zum heutigen Tage
 
  58 Knaben
74 Mädchen

In Su. 132 Schüler
     


Dieselben sind nach gesetzlicher Vorschrift eingeteilt in Ober-, Mittel- und Unterklasse, und zwar so, daß die Mittelklasse vor- und nachmittags beschult wird.
Es kommen daher:

  1. auf den Vormittag: 31 Knaben
55 Mädchen in Su. 86 Schüler
 
  2. auf den Nachmittag 30 Knaben
49 Mädchen in Su. 79 Schüler.


Möchte es auch von ihnen heißen, wie es einst vom Christuskinde hieß: "Es nahm zu an Weisheit, Alter und Gnade bei Gott u. den Menschen."

Aus heutiger Sicht können wir dem Lehrer Tille zu seinem anfänglichen Stoßgebet nur beipflichten.

Die Schulpolitik Deutschlands hing in erster Linie vom Willen und Wollen des jeweiligen Herrschers ab. Unter König Friedrich Wilhelm IV. konnten Reformen des Volksschulwesens nicht durchgesetzt werden. Erst unter Kaiser Wilhelm I. traten 1872 Veränderungen im preußischen Schulsystem ein. Im Jahre 1888, unter Bismarck, wurde das Schulgeld abgeschafft. Zu jener Zeit kamen auch Schulaufsichtsbehörden auf Kreisebene auf. Ende der 1890er wurden bei einer solchen Kontrolle die unhaltbaren Zustände der Schulbedingungen in Predel bemängelt. Der Bau einer neuen Schule war dringend notwendig. Der Plan sah auch schon vor, ständig einen zweiten Lehrer zu beschäftigen. Die Schülerzahlen hatten sich im Laufe der Jahre nicht verändert. Noch zu jener Zeit betrug sie 121 Schüler.
Die alte Schule wurde abgerissen und auf den Grundmauern eine größere, so wie wir sie heute noch sehen, errichtet. Während der Bauzeit wurden die Schüler auf dem Saal im "Weißen Adler" bei Jägers, bekannt unter Gerhardts, Martha, jetzt Jörg Pohle Leipziger Straße, unterrichtet. Im Jahre 1903 konnten die zwei neuen Klassenräume in Besitz genommen werden, und auch ein zweiter Lehrer wurde eingestellt.
 

Diese waren: von 1904 - 1908 Rudolf Steinhoff,    
  von 1908 - 1911 Otto Bieling,    
  von 1911 - 1929 Hermann Melzer    


In den "Zeitzer Neuesten Nachrichten" vom 22.10.1929 ist folgendes zu lesen, Predel: der 2. Lehrer, Herr Melzer, der seit 1911 hier amtiert ist nach Gerbstedt versetzt worden. Seine Stelle als 2. Lehrer wurde Auftragsweise Herrn Lehrer Guhl übertragen.

Weitere Lehrer sind nur noch dem Namen nach geläufig, Herr Hamann, Herr Weiß, Herr Degenhard als Junglehrer.

Ab dem Jahre 1925 wurde die Predeler Schule zeitweise als Berufsschule für die umliegenden Dörfer genutzt. Doch lange konnte diese Möglichkeit der Berufsbildung nicht durchgeführt werden, da die räumliche Knappheit schon ohne die zusätzlichen Schüler einen Schichtunterricht vorsah und auch weitere Lehrer diese Misere nicht ändern konnten.
Pastor Schoch beklagte zu jener Zeit, dass auch diesen Schülern kein Geschichtsunterricht erteilt wurde, welchen er für die geistig nationale und sittliche Entwicklung der jungen Leute sehr gewünscht habe.
Das Jahr 1940 brachte für Schüler und Eltern auch Umstellungen im Schulwesen. Ein Schuljahr ging nicht mehr von Ostern zu Ostern, sondern es begann nunmehr Anfang September und endete Anfang Juli des nächsten Jahres. Die schwierigste Umstellung für alle war die Änderung des Schriftbildes. Bis zu diesem Jahr wurden die Buchstaben in deutscher Schrift geschrieben, jetzt wurde nur noch das lateinische Schriftbild gelehrt. Auf allen Seiten gab es viele Anfangsschwierigkeiten, genau so, als wenn wir und unsere Kinder die deutsche Schrift lesen sollen.

Bis 1945 blieb die Schulsituation in gleicher Weise bestehen, nur das nach 1933 den Kindern faschistische Ideologien beigebracht werden sollten. Doch gerade die meisten Dorfkinder scherten sich wenig um Politik und bekamen von den Ängsten und Erwartungen der Erwachsenen nur wenig mit.

Vielen Generationen an Kindern wird ein Relikt aus der Schulzeit noch in Erinnerung sein - der Rohrstock. Versuchten doch die Kantoren und später die Lehrer ihren Schützlingen mit handfesten Methoden Zucht und Ordnung beizubringen. Der Rohrstock, im wahrsten Sinne des Wortes, mag in feineren Schulen vorhanden gewesen sein, in der Dorfschule erfüllte eine Weidengerte denselben Zweck. Nun war ja diese nicht sehr langlebig und derjenige Knabe, der sich eine Tracht Prügel abholen musste, wurde losgeschickt, eine neue und handfeste Gerte in den Wiesen zu schneiden. Da nun zu früheren Zeiten der Pastor, der Lehrer und der Gendarm im Dorfe zu Hause waren und jeder vom anderen von allen Untaten ihrer Schäfchen erfuhren, wussten die Knaben schon vorher genau, wenn eine Strafe in der Schule fällig war. Mit einigen Raffinessen wussten die Burschen ihr Hinterteil vor größeren Hieben zu schützen. Die Prügelstrafe wurde 1945 als eine der ersten Maßnahmen in allen Schulen verboten.


Die Schulentwicklung nach 1945:

Die letzten Schüsse des 2. Weltkrieges waren verhallt und Deutschland lag am Boden. Die Wohnsituation und Ernährungslage in der Nachkriegszeit waren katastrophal. Besonders zeigten sich die Auswirkungen dieses fatalen Krieges auch im Schulwesen. Das Potsdamer Abkommen der Siegermächte legte in Punkt 7 fest:
"Das Erziehungswesen in Deutschland muss so überwacht werden, dass die nazistischen und militärischen Lehren völlig entfernt werden und eine erfolgreiche Entwicklung der demokratischen Ideen möglich gemacht wird."

Waren im Schulverband Reuden-Predel die Schulen erhalten geblieben, fehlte es zu jener Zeit an Lehrkräften. Mit größter Anstrengung wurde erreicht, dass der Schulbetrieb am 1. Oktober 1945 wieder aufgenommen wurde. Am Unterrichtsgeschehen änderte sich nicht sehr viel, nur das die Schüler der 6. - 8. Klasse aus dem Schulverband Ostrau-Traupitz in die Predeler Schule integriert wurden. Aus den Volksschulen wurden Grundschulen und zwei Lehrer als ehemalige NSDAP-Mitglieder mussten den Schuldienst verlassen. Eine Statistik besagt, dass 1945 eine Schüleranzahl von 254 Kindern von 4 Lehrern unterrichtet werden musste. Mehrklassenunterricht wurde nach wie vor in Schichten von 7.30 Uhr - 18.30 Uhr durchgeführt. An Schulmaterial fehlte es überall. Die meisten der vorhandenen Schulbücher wurden eingezogen und vernichtet, an Schreibpapier oder gar Hefte war wenig zu denken, so dass die gute alte Schiefertafel bei den Kleinsten noch bis Ende 1958/59 in Gebrauch blieb. Selbst Tintenfässer, Bleistifte und Federhalter waren Mangelware.

Namen der Lehrer, welche oft nur kurzfristig hier anwesend waren:

 

Schulleiter Herbert Liesenhoff wurde ab 1950 Bezirksschulleiter, betreute die Orte Reuden - Predel - Ostrau - Profen - Draschwitz - Bornitz - Göbitz und Traupitz zu Fuß oder mit einem geliehenen Fahrrad, er stellte den Antrag auf Zuweisung eines eigenen Rades,
Fräulein Pointke erteilte 1948 auch Englischunterricht, zog aber bald weg,
Dora Gorges zog nach kurzer Zeit weg wegen Wohnungsnot,
Peter Kotré gab als erster Lehrer Russisch, nach Verheiratung keine Wohnung, zog weg,
Walter Ziller kam 1948 nach Predel und war bis zu seiner Rente an den Schulen Reuden und Draschwitz als Schulleiter, stellvertr. Direktor und Mathematiklehrer tätig, er starb am 18.01.2003
Kurt Schwede kam 1949 als Lehrer und hatte noch weitere Funktionen, u.a. Beauftragter zur Bekämpfung von Schädlingen, Volksbüchereileiter, Schulsparkassenleiter,
Rosemarie Kummer ab 1949, wurde schon 1950 nach Aue versetzt,
Herr Heinold Absolvent der Pädagogischen Fakultät Halle, ging aus Wohnungsmangel nach Halle zurück,
Wilhelm Kappel 1950, ging nach 3 Jahren ebenfalls weg,
Herr Erwin Rolke 1951, kam als Sportlehrer und war bis 1989 an der Schule Reuden


Die neuzeitliche Völkerwanderung der Kinder und Lehrkräfte setzte erneut ein und erreichte ihren Höhepunkt 1949 durch den Strom an Umsiedlerfamilien. In diesem Jahr betrug die Schülerzahl der 1. - 8. Klasse 382 Kinder, dazu maximal 6 Lehrer und 4 Klassenräume in 3 Schulen.
Die Schulwege Sommers wie Winters zu Fuß und einige mit mangelnder Fußbekleidung und kaum ausreichender Ernährung unterwegs, waren aus heutiges Sicht für die Kinder oft sehr anstrengend.
Fragt man heute die älteren nach dieser Situation, war dies alles für sie als Kinder normal und mehr oder weniger abenteuerlich, da es allen so erging und soziale Unterschiede nicht so wahrgenommen wurden. Zwischen den Kindern kam es oft zu Tauschgeschäften, Schulbrote der Bauernkinder gegen Schularbeiten der Umsiedler, und jeder war zufrieden. Jedoch versuchte das neu gebildete Kreisschulamt die notwendigsten Sachen zu Verfügung zu stellen, aber es herrschte Mangel an allen Ecken und Enden. Die zugeteilten Unterrichtsmittel mussten die älteren Jungen mit dem Handwagen aus Zeitz abholen.

Hier einige Kurzberichte von den Nöten der Schule in Predel:

 

1947

Die geforderte Schulküche kann aus öffentlichen Mitteln nicht eingerichtet werden, doch wurde bedürftigen Kindern auf Marken ein Brötchen ausgehändigt, es wurde versucht auch hier Abhilfe zu schaffen.
Sammlung von Kleidung und Schuhen für Kinder, da einige aus Mangel die Schule im Winter nicht besuchen konnten,
Nichtansässige Lehrer haben Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Bereifung für ihre Fahrräder.
fehlende Wohnungen für Lehrer, dadurch ständiger Wechsel der Lehrkräfte,
Durch einen defekten Kamin herrschende Brandgefahr und starke Rauchentwicklung in der neuen Reudener Schule, die 5. - 8. Klasse wurde einige Zeit in Predel nur stundenweise unterrichtet.
 

1947

Aufruf zur "Löffelsammlung" - Jedes Kind sollte nach Möglichkeit einen Löffel Mehl, Gries oder Erbsen, als Ersatz Kartoffeln mit in die Schule bringen. Diese Sammlung sollte Kindern dienen, die in den Ferien zur Erholung geschickt werden, oder als Zusatzverpflegung bei Ferienfahrten.
 

1949

Im Schlachthaus der Fleischerei im ehemaligen Gasthof Adler wurde eine Schulküche eingerichtet, wo alle bedürftigen Kinder für ein paar Pfennige eine warme Mahlzeit erhielten, auch für die Kinder im Kindergarten Reuden wurde hier das Essen zubereitet und per Handwagen nach dort verbracht.
 

1949

Kontrollbericht über Schüler- Lehrersituationen, 68 Schüler wurden von einer Lehrkraft unterrichtet, Schichtunterricht von 8 - 13 / 13 - 18 Uhr
Keine Sportgeräte - Schule bittet die Lederwarenfabrik Zeitz um Erstellung einer Hülle für Fuß- und Handball.
Bleisammlung an den Schulen für Batterien für die Zeitzer Feuerwehr zur Feuer-Meldeanlage.
 

1950

Reparatur des Daches und der Abortanlage, Aufstemmen des Kamins,
Desinfizierung aller Abtrittwände in den Knabentoiletten sowie neuer Anstrich
Renovierung aller Klassenräume,
Beschaffung eines Berliner Ofens zwecks Einsparung von Kohlen und besserer Wärmeausnutzung,
Durch den Schichtunterricht wurden dringend Glühbirnen benötigt.
Feuerholz und Brikett für den Winter mussten organisiert werden.


Schon diese Aufzählungen zeigen, unter welchen Problemen und Schwierigkeiten versucht wurde, ein hohes Bildungsniveau zu erreichen. Zum Ende der 8. Klasse wurden 1949 Abschlussprüfungen durchgeführt. Doch im Großen und Ganzen war die Situation im Bildungswesen in allen umliegenden Gemeinden auf derselben Stufe. Das Schulamt Zeitz sah diese Schwierigkeiten 1949 ebenfalls als dringend veränderungsbedürftig und der damalige Schulleiter Liesenhoff wurde mit der Aufgabe betraut, alle erforderlichen Unterlagen zum Bau einer Zentralschule, in Absprache mit den umliegenden Gemeindeverbänden, beim Landeshochbauamt einzureichen.
Jedoch gab es die politische und finanzielle Situation noch nicht her, ein solches Projekt in Angriff zu nehmen. Erst in den Jahren 1955/56 ist der Bau einer neuen Schule von der Regierung der DDR genehmi9gt worden.
Am 19.03.1956 wurde der Grundstein für das 1,3 Millionen DDR-Mark teure Objekt gelegt. Nach zweijähriger Bauzeit konnte die Zentralschule Reuden eingeweiht werden. Zu den ersten Schülern der neuen Schule gehörten auch alle Predler Kinder.

Nun konnte endlich ein Traum vieler Eltern von Predel in Erfüllung gehen, es wurde Platz für einen eigenen Kindergarten.

Doch gehen wir in der Zeit ein Jahrhundert und mehr zurück. Wie aus der Schulgeschichte zu erfahren war, gab es in Predel schon immer viele Kinder. Die Schulpflichtigen waren ja einige Stunden beschäftigt und die bis zu 6 Jahre alten Kinder wurden zu Hause betreut. Denn wie sah es in den überwiegend bäuerlichen und handwerklichen Gehöften aus. Meistens lebten mehrere Generationen unter einem Dach und in den Erntemonaten wurden die Kleinen von den Großeltern betreut oder wurden mit aufs Feld genommen. In den Handwerkerhäusern sah es nicht anders aus, die Eltern waren ja da. Und eine Sache war gang und gäbe, die Großen hatten mehr oder weniger freiwillig, meist weniger, ihre kleinen Geschwister im Schlepptau und lehrten diese beizeiten Spiele, Abenteuer und Streiche in Hof, Garten und den freien Wiesen, vor allem Verschwiegenheit, bei Dummheiten, zu Hause.
Doch schon um 1930 hatten die Kinder aus Predel die Möglichkeit, den Reudener Kindergarten in der Ostrauer Straße zu besuchen. Was heißt Kindergarten? Es war doch eher ein Ort, wo die Kinder unter Obhut standen. Ein Aufenthaltsraum von 25 qm für 20 - 30 Kinder, kein Wasser, Außentoilette und Waschmöglichkeiten nur über die Außentreppe zu erreichen, waren die Möglichkeiten der Kinderbetreuung. Aus Erzählungen vieler zu dieser Zeit Geborener und noch danach, war zu hören, dass sich die Kinder weigerten nach einem eintägigen Aufenthalt, dort wieder hin zu gehen. Von 1939 und 1947 liegen Schreiben von der Gemeinde vor, in denen Predel aufgefordert wurde, sich an den Kosten des Kindergartens zu beteiligen. Beide Male wurde diese Aufforderung abgelehnt und die meisten Kinder blieben diesem Ort fern.
Die Situation der Kinder war folgende: Die Öffnungszeiten waren nicht durchgehend, früh wurden die Kinder an der Eiche in Reuden abgeholt, um 11 Uhr zurückgebracht, um 13 Uhr erneut abgeholt und um 17 Uhr von der Eiche aus nach Hause geschickt. Für alle arbeitenden Eltern war dies zu jener Zeit die einzige Möglichkeit, die Kleinen unterzubringen. Der reguläre Besuch der Predler Kinder im Reudener Kindergarten, jetzt in der größeren Einrichtung in der heutigen C.-Zetkin-Siedlung, begann 1950, als Predel und Ostrau an Reuden angeschlossen wurden.


Der Kindergarten in Predel

Im Jahre 1958 wurde nach Eröffnung der Reudener Zentralschule mit großer Mühe von Seiten der Gemeinde unter den damals vorhandenen Möglichkeiten ein Kindergarten für ca. 20 - 30 Kinder in der alten Schule ausgebaut. So wie die Aufteilung der Zimmer heute noch zu sehen ist, wurden 36 Jahre lang die Predler Knirpse auf das Beste betreut. War auch bis ca. 1964 an eine Innentoilette nicht zu denken, galt die Einrichtung schon als recht modern und wurde im Laufe der Jahre immer wieder neu hergerichtet, verbessert und geschmackvoll gestaltet. Die ersten Erzieherinnen sind leider schon verstorben und können keine Auskunft mehr geben. In allen Protokollen wurde immer die hervorragende Ordnung und Sauberkeit der Einrichtung hervorgehoben, die gestalterischen Möglichkeiten in der Erziehung und Schaffung einer familiären Atmosphäre wurde von den Eltern und vor allem von den Kindern geschätzt.


Der erste Sandkasten im Hof des Kindergartens

Der Spielplatz war nur der kleine Hof vor der Kirche und ein Sandkasten am Friedhofszaun. Da aber der Zugang zum Friedhof über diesen Hof ging, gab es keine in sich geschlossene Einrichtung, über viele Jahre wurde diese Tatsache immer bemängelt, zumal der Sandkastenplatz später auch noch durch einen Garagenbau zweckentfremdet wurde. Als Ausweg wurde im Munkelschen Garten hinter der Hecke zur Leipziger Straße ein Spielplatz mit Wippe und Sandkasten errichtet.


Doch lange währte die Freude auch nicht. Die LPG beanspruchte diesen Garten, da in die angrenzenden Stallungen Rinder einzogen. Seitens der Gemeinde wurde eine neue Möglichkeit gesucht und gefunden. Der freie Platz hinter der Bushaltestelle wurde von der Gemeinde, Erzieherinnen und Eltern zu einem geschützten Spielplatz umgewandelt. Nun zogen die Knirpse bei schönem Wetter los und hatten wieder ein eigenes kleines Reich. Sogar eine Hütte wurde aufgebaut, um Spielsachen und Wegzehrung unterbringen zu können.



Spielplatz im Garten von Munkelts

Doch auch dieser Platz sollte nicht von Dauer sein und mit der Herrlichkeit war es nach der Wende 1989/90 wieder vorbei. Durch den enorm anwachsenden Verkehr auf der B2 konnte und wollte man die Kinder nicht den Gefahren bei der Straßenüberquerung aussetzen und die Verantwortung für die Sicherheit konnte keiner übernehmen.
 


Der alte und wieder neue Spielplatz

Erneut wurde der kleine Hof und das Vorgärtchen an der Kirche mit viel Phantasie der Erzieherinnen und Hilfskräfte zu einem Spielplatz umfunktioniert, bis die Gemeinde Reuden auf dem alten Tümpelgelände einen Kinderspielplatz aufbaute. Doch schon viele Jahre vorher waren die Wiesen gleich hinterm Dorf der ideale Spielplatz für die Kinder. Bei schönem Wetter zogen sie mit Rucksack, Hut und Wanderstock singend und plappernd durch den Ort in Richtung Tümpelwiese. Dort wurde gepicknickt, herumgetobt und die Natur erforscht.


In Absprache mit dem Tümpelverein durfte das Toilettenhäuschen genutzt werden und auch die Freiluftspielsachen bekamen eine Abstellmöglichkeit.
Leider ist diese Zeit schon fast 10 Jahre vorbei. Die Kinder wurden weniger, die Kosten zu hoch und so wurden die Predler Kinder 1994 in den Kindergarten Reuden integriert. Die beiden letzten und langjährigsten Erzieherinnen Marga Nietzold und Angela Steinhauf betreuen noch heute mit die Predler Kinder.
Auch der Kindergarten war Geschichte. Der seit Jahrhunderten dazugehörende Kinderlärm verstummte, von vielen Anwohnern der Kirchgasse vermisst, denn was anschließend aus dem alten Gebäude erklang, als neu eingerichteter Kinderfreizeittreff und Aufenthaltsort der Jugend genutzt, erinnert schmerzhaft an die glücklichen Zeiten des Hauses und seiner Nachbarschaft.
Nach Auszug des Kindergartens wurde das Gebäude bis 2003 als Seniorentreff, als Jugendfreizeittreff, als Einrichtung für Familienfeiern und vor allem im Winter von der Kirche als Gottesdienstraum genutzt. Seine Zukunft ist ungewiss.

Namen der Erzieherinnen des Kindergartens:

Pohle, Gertraude und Krötzsch, Waltraud als erste Erzieherinnen, darauf folgten Frau Knorr, Frau Beuntke, Frau Buchheim als Leiterin neben dem Reudener Kindergarten, Frl. Neusitzer als Leiterin, Frau Marga Nietzold von 1968 an, ab 1974 Leiterin, Stephanie Just als Erzieherin, ab 1978 Angela Steinhauf.
Marga Nietzold und Angela Steinhauf zogen mit den Kindern nach Reuden und sind noch heute als Erzieherinnen tätig.

Als technische Kräfte für Sauberkeit und Ordnung sowie als Wartekräfte waren tätig:

Thea Fritsche, Anni Keller, Frau Johanna Willnich - 20 Jahre im Kindergarten, Waltraud König, Edith Steinhauer, Marianne Krämer.

Auch wenn die Predler Kinder heute den Kindergarten in Reuden besuchen, ist doch eine enge Bindung an ihr Dorf erhalten geblieben. Zu fast allen öffentlichen Veranstaltungen, bei runden Geburtstagen unserer älteren Einwohner und mit dem alten neu auflebenden Brauch der "Fitsche, Fitsche Griene" beleben die Kinder, meist angeführt von unseren Predler Erzieherinnen, das Dorf und sind immer gern gesehene Gäste.

Eine Anekdote um das alte Schulgebäude soll noch erzählt werden.

Über Jahrhunderte war es Brauch an neu errichteten Häusern und öffentlichen Gebäuden eine Tafel mit Inschrift und Jahreszahl des Aufbaus anzubringen, so auch 1903 am neu erbauten Schulgebäude. Da in Predel überwiegend Gottesfürchtige Menschen wohnten und Schule und Kirche noch eine Einheit bildeten, heißt dieser Spruch "Gott zur Ehr, den Kindern zur Lehr 1903".
Nun wurde das Gebäude in DDR-Zeiten als Wahllokal genutzt. Ein paar Übereifrige fanden auf einmal diese Inschrift nicht mehr zeitgemäß, 1. an einer sozialistischen Kindereinrichtung, 2. an der Fassade eines kommunistischen Wahllokales. Die Feuerwehr sollte auf den Plan gerufen werden und mit Hilfe ihrer ausfahrbaren Leiter diese Inschrift entfernen. Jetzt traten die streitbaren Predler wieder in Aktion und verhinderten diesen ausgemachten Unsinn. Schon hundert Jahre steht die Inschrift an diesem Gebäude und wird hoffentlich noch Generationen an den ursprünglichen Sinn und Zweck dieser Einrichtung erinnern. Die Schrift müsste unbedingt neu gestaltet werden, um wieder deutlich lesbar zu sein.


Die Gemeindevorsteher des Ortes

Aus den wenigen vorhandenen Unterlagen konnten die Namen folgender Persönlichkeiten ermittelt werden:
 

Um 1693 Hufschmiedemeister Georg Patschke
Um 1800 Adam Weber
Um 1851 - 1862 Herr Schellbach
Um 1869 - 1879 Carl Moritz Gottschling
Um 1880 - 1901 Karl Hering
Um 1902 - 1907 Albert Taubert
Um 1910 - 1928 Arthur oder Alwin Otto Gottschling
Nach dieser Zeit Herr Käßner und Herr Böhme
Von 1945 - 1947 Rudolf Malik
Von 1947 - 1949 Herr Gröitzsch
Von 1949 - 1950
 
Ludwig Diener
 

Von 1950 an war Predel keine eigenständige Gemeinde mehr, sie gehörte der Großgemeinde Reuden an, und es gab nur noch Gemeindevertreter. Für Predel waren Alwin Fischer und ab ca. 1970 bis zu den Wendejahren 89/90 Oskar Klemm die wichtigsten Vertreter im Gemeinderat.

"An Buße zu Pfingsten 1866."

"1 Sgr. 8 Pf. August Jakob, weil er zu spät kam; Gotth. Morenz 1 Sgr. 8 Pf., weil er nicht am rechten Tische saß; 1 Sgr. 8 Pf. Karl Pilz, weil er Pitling gegessen hat; Friedrich Körner desgl.; Friedrich Bachmann desgl.; Abraham Staube, weil er nicht beim Grabenräumen war, 5 Sgr.; 1 Sgr. 8 Pf. Friedrich Körner, weil er Hermann Gottschling einen anderen Namen beilegte; 5 Sgr. David Kretzschmar, weil er den Eisackgraben nicht mit geräumt hat; 5 Sgr. Louis Koch desgl.; 5 Sgr. Friedrich Bachmann desgl.; 1 Sgr. 8 Pf. Friedrich Körner, weil er Fischern Parthel geheißen hat. Summe 1 Thl. 1 Sgr. 8 Pf. - Nachtrag an Bußen 1 Sgr. 8 Pf. Aug. Böhme, weil er auf dem Saale gewesen ist; 1 Sgr. 8 Pf. Karl Pilz desgl.; 1 Sgr. 8 Pf. Kretzschmar, weil er Schnupftabak geholt hat; 1 Sgr. 8 Pf. August Hoppe, weil er jemand einen falschen Namen beilegte; Friedrich Körner desgl.; 1 Sgr. 8 Pf. Friedrich Naumann, weil er Munkelten ein Luder hieß, August Hoppe, weil er sich über einen andern Tisch gesetzt hat."

"Nebeneinkünfte" der Gemeinde aus Bußgeldern

Amtsrichter in Predel
 
Um 1693 Michael Hering
Um 1800 Andreas Taubert
Um 1820 Gottlob Scholle
 

Nach der Vertreibung der napoleonischen Besatzer und der Neuordnung Deutschlands nach dem Wiener Kongress gab es eine neue Gesetzgebung und Amtsrichter waren nur noch in den Städten ansässig. Gab es auf den Dörfern Streitigkeiten, wurde der verantwortliche Richter herbeigerufen und Gerichtsverhandlungen mit den dorfeigenen Gerichtsschöffen in einem der Gasthöfe abgehalten, später dann nur noch im neuerbauten Gerichtsgebäude in Zeitz.

Über einen Gendarmen oder um 1900 herum Landjäger sind leider keine Aufzeichnungen gefunden worden. Nur in Reuden gab es um 1910 herum schon ein Landjägereiamt.
Vor dieser Zeit gab es nur eine Gendarmeriestation in Zeitz. Diese hatte auch die umliegenden Dörfer zu betreuen. Aus Erzählungen wissen noch einige ältere Einwohner, dass dieser immer hoch zu Ross das Dorf inspizierte.

Die bekannten Gemeindediener: Sie hatten in Ausübung dieser Tätigkeit mehrere Aufgaben, als besagter Gemeindediener, als Nachtwächter und bis zur Trennung von Staat und Kirche auch die Aufgaben des Totengräbers.
Vor 1870 Ernst Otto, um 1880 Herr Thieme, 1893 am 15. März wurde Franz Ferdinand Boehling vom Kreis für das Amt bestätigt, danach Friedrich Albert Röder, nach 1931 Wilhelm Krötzsch.

Die Landwirtschaft im Wandel der Zeiten

Schon die Urbevölkerung von Predel kannte den Ackerbau, Viehzucht und Fischwirtschaft. Mit der Christianisierung und dem Einfluss der Neuankömmlinge sowie der Kloster veränderte sich die Landwirtschaft. Es begann die Rodung und Urbarmachung der Feldflächen oberhalb des Handelsweges.
 

Die Erfahrung hatte gezeigt, dass auf den Fluren zur Elster hin keine Feldwirtschaft getrieben werden konnte, denn dieses Gebiet war, mit Ausnahme kleiner Flächen, noch reines Sumpfgebiet und nur für wenig Hütevieh geeignet.
Die nördliche Grenze der Ackerflächen vom Dorf aus könnte der Floßgraben gewesen sein, der von 1579 - 1587 erbaut wurde (darüber kommt noch näheres). Mehr Feld war noch nicht nötig.
Die Arbeiten zur Ackergewinnung wurden schon damals in einer Art Dorfgenossenschaft aufgeteilt und jeder hatte seinen Teil dazu beizutragen. Die Felder wurden in Blockfluren eingeteilt mit langen schmalen Schlägen. Denn hatten die Bauern einmal den schweren Pflug in einer Furche, wollten sie ihn so lange wie möglich führen, um die zeitraubende und schwere Arbeit des Wendens einzuschränken.

Die Aufteilung der Felder in Blockfluren über Jahrhunderte
 
Fetzchensgasse und "uffn Almse"

Predeler Flurnamen - Zeugnisse gesellschaftlicher Verhältnisse - Wo lag die Mai-Säule?
 

Predel (EB). Als Nachtrag zur 825-Jahr-Feier von Predel möchten wir nachstehend noch eine Abhandlung unseres Mitarbeiters Gerhard Albrecht über die Predeler Flurnamen bringen.
Flurnamen versetzen uns in frühere Zeiten, sie überliefern die gesellschaftlichen Verhältnisse bestimmter Epochen, helfen oft dort weiter, wo geschriebene Quellen versagen, sie bleiben die Kulturgeographie einer Landschaft.
Aus vielerlei Quellen sind uns die Predeler Flur- und auch Dorfstraßennamen überliefert, Taubert nennt uns in einer Veröffentlichung der dreißiger Jahre die Dorfstraßen: die Reiche Gasse, die Kirchgasse, die Lücke, die Schulgasse, die Fetzchensgasse und Dr. Petzold ergänzt mit der Äberenge (Oberende auch Vorstadt genannt), Engerende (unteres Ende), als Feldmarken nennt er: Gebind, Ölberg, Querstücken, Würste, Almse, letzterer "uffn Almse" gesprochen, aber in den Karten als Almus verzeichnet, ferner Bucht und Heusack, auch Heisack oder Eisack benannt, weitere Namen nennen Rudolf Müller und Bertram Arand. Nachstehend werden die in der Flurkarte enthaltenen Flurnamen nach den in der Skizze angegebenen Nummern erläutert.
1) Über dem Bettelsteige, 2) der Bettelsteig, 3) unter dem Bettelsteige. Bettelsteige sind alte Landreiterpfade, die der Büttel (auch Pedell, beachte Bettelmannsweg Zeitz-Posa) in vorgenanntem Fall von Döbris nach Profen benutzte. Der Feldplan umfaßt etwa 50 Morgen. 4) Der Ölberg. Der Name ist abzuleiten vom altdeutschen Öl-Sumpf, also Sumpfberg oder vom slawischen Holberg Berghügel (ol = sumpf, hol = Erhebung). 5) Der Almus, abzuleiten von alm = Ulme. 6) Saumuhle, auch Saumühle, abzuleiten von einer Auftriebsstelle für Schweine? 7) Über dem Hellerwege. 8) Unterm Hellerwege. Der Sage nach reitet auf dem Hellerwege ein Reiter ohne Kopf.

Hellerweg ist abzuleiten von mittelhochdeutsch halde, helde, daraus hell, in Verbindung soviel wie Berghang, Schlucht, Hohlweg u.a.
9) Krötzschke, abzuleiten von slaw. Baumstumpf, Rodung. 10) nicht zur Flur Predel gehörig: Am Märzerwege. 11) Überm Querwege. 12) Unterm Querwege, abzuleiten von einem Wege, der quer zur Flur über eine Floßgrabenbrücke führt. 13) Märzer Höhe. 14 ) Das Obergebind. 15) und 16) Die Gebind. Gebind ist eingebundenes, eingefriedetes Gelände, unter Umständen abgabefrei, gemeinsam bebaut, auch Gartenland (beachte in Zeitz "Auf den Gebinden"). 17) Märzer Brücke. 18) Steinbrücke (über den Floßgraben). 19) Kochs Winkel (Besitzangabe). 20) An der Straße (Landstraße). 21) Hinterm Dorf, 22 Schindgraben (Schindergraben). 22) Unterm Hügel. 23) Baderloch (möglicherweise von padera = Schinder abgeleitet). 24) In der Lücke. 25) Märzer Anger (sämtliche Verbindungen mit März sind auf das wüste Dorf Mertitz zurückzuführen). 26) der große und der kleine eisack (Heusack nach der Form des Geländes gewählte Bezeichnung). 27) Katzwiesen, möglicherweise von äsen, kaum vom Tier Katze abzuleiten. 28) Anger. 29) Mittel-Anger. 30) Lache, Grenzzeichen als Baum oder Stein. 31) Bucht, nach der Form des Geländes bestimmter Flurname. 32) Die Mährde, mundartlicher Ausdrcuk für schlammigen Boden, möglicherweise vom wüsten Dorf Mertitz abgeleitet.

33) das Weiße Holz, möglicherweise ein Birkenholz. 34) Der große Reutling. 35) Der Reutling, abgeleitet von Roden. 36) Caspars Holz (Eigenname). 37) das Weiße Holz jenseits der Elster. 38) Lange Wiesen. 39) Schwarzhausens Anlage. 40) Falkenholz. 41) Lange Wiese. 42) Herings Aue (Eigenname)? 43) der Sand, möglicherweise von Viehweide abgeleitet, aber auch Bodenbeschaffenheit kann namensbildend gewesen sein. 44) Krumbach, wahrscheinlich von Steibach abzuleiten. 45) Der hohe Anger.
Aus der Literatur um Predel ist noch zu entnehmen, daß sich im Predeler großen Tümpel ein Sauloch befunden haben soll, ferner wird in Predel ein Hofanger genannt, eine Hasensäule, das heißt, daß abgegrenztes Gebiet festgelegt worden ist, und schließlich wird berichtet, daß sich an der Straße von Reuden nach Etzoldshain die Honigsaue befand. Honig hatte als Süßstoff und Heilmittel früher eine ganz besondere Bedeutung. Streitwinkel und spitze Wiese bedürfen noch der örtlichen Festlegung. Die Predeler werden vielleicht auch wissen, wo sich die Maisäule befunden hat. Da die verschiedensten Flurnamen mehrdeutig auszulegen sind, bitten wir gegebenenfalls um begründete Verbesserungen und vor allem um Erweiteru